Weltweites Amphibiensterben: Erste großen Datenerhebung über Amphibienpilz in Asien abgeschlossen
Archivmeldung vom 19.08.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEin internationales Team von 33 Forschern aus 26 Institutionen Nordamerikas, Europas, Australiens und Asiens hat die erste große Datenerhebung über einen für Amphibien oftmals tödlichen Pilz in Asien abgeschlossen. Der Erreger bedroht weltweit in großem Umfang Amphibien und steht im Verdacht, die Hauptursache für das Verschwinden von mehr als 200 Arten zu sein.
Zwischen 2001 und 2009 untersuchte das Team mit Dr. Dennis Rödder, Kurator für Herpetologie am Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig, Bonn, mehr als 3.000 Amphibien – meistens Frösche – aus 15 asiatischen Ländern: auf der Suche nach Spuren der Krankheit, die die Haut der Amphibien befällt.
Die Untersuchung konnte den Wissenschaftlern Anhaltspunkte zur Beantwortung der Fragen liefern, warum der Chytrid-Pilz Batrachochytrium dendrobatidis Amphibien in so vielen Teilen der Welt ganz außergewöhnlich stark befallen hat – und warum es anscheinend keine Hinweise auf Populationsrückgänge und Aussterbeereignisse bei asiatischen Amphibien gibt.
Die in den letzten Jahrzehnten weltweit auftauchende Krankheit Chytridiomykose, die durch den Pilz Batrachochytrium dendrobatidis oder Bd ausgelöst wird, ist neben der fortschreitenden Habitatzerstörung eine der größten treibenden Kräfte für den Amphibienrückgang in Mittel-, Süd- und Nordamerika, Australien sowie Europa. Die neuen Untersuchungsergebnisse, die am 16. August in der Zeitschrift PloS One von Andrea Swei, Cary Institute of Ecosystem Studies, NY, USA, und Kollegen, publiziert wurden, zeigen, dass Bd wenn auch auf geringem Level ebenfalls im Untersuchungsgebiet verbreitet ist.
„Die Studie zeigt, dass die Arbeiten des Forschungsmuseum Alexander Koenig - Leibniz-Institut für zoologische Biodiversität einen enormen Einfluss auf die internationale Biodiversitätsforschung haben“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Wägele, Direktor des Forschungsmuseum Koenig.
„Die Amphibiendiversität in Asien ist sehr hoch und frühere Ergebnisse unserer Arbeitsgruppe legten bereits nahe, dass viele der Frösche, Kröten und Salamander möglicherweise durch Bd bedroht sein könnten“, erklärt Rödder,. „Leider wissen wir bislang sehr wenig über den Pilz und seine Wirkung auf die Biodiversität Asiens.“
„Deshalb sind wir äußerst froh über diesen ersten wirklich großen Überblick“, ergänzt Vance Vredenburg, Assistant Professor an der University of California, Berkeley, und Leiter des Forschungsteams. „Wenn man den Chytrid-Pilz weltweit betrachtet, war Asien das schwarze Loch in unseren Daten“.
„Vorangegangene Simulationen mit dem Ziel die potentielle Verbreitung des Chytrid-Pilzes auf einer globalen Skala zu erfassen, zeigten bereits eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass er in großen Teilen Asiens vorkommen könnte“, sagt Rödder. „Die neuen Daten erlauben uns jetzt, die Vorhersagefähigkeiten unseres Risiko-Assessments für mehr als 6000 Arten zu überprüfen. Dieses war bereits 2009 in der Zeitschrift Diversity publiziert worden und hat in der Zwischenzeit weltweit Anklang gefunden.“
Die Ergebnisse legen nahe, dass die Prävalenz von Bd an allen Untersuchungsorten sehr niedrig war, wobei Bd bei nur 2,35% der Frösche nachgewiesen werden konnte. Die Philippinen, Kirgistan, Laos, Indonesien, Malaysia und Südkorea waren im Untersuchungsgebiet die einzigen Länder mit Bd-positiven Amphibien.
„Das Verbreitungsmuster des Chytrid-Pilzes in Asien ist sehr fleckenhaft-punktuell und, verglichen mit dem wellenähnlichen Auftauchen in anderen Teilen der Welt, außergewöhnlich“, erklärt Rödder. „Die neuen Ergebnisse könnten dahingehend interpretiert werden, dass sich Bd entweder erst seit kurzem in Asien ausbreitet, oder schon lange dort ist und die Amphibienfauna inzwischen gut angepasst ist oder auch, dass hochgradig anfällige Arten bereits ausgestorben sind.“ Alternativ wäre es ebenfalls möglich, dass ein anderer, bislang unbekannter Faktor Bd daran hindert „vollständig die Frösche Asiens zu befallen“, schreiben die Forscher.
Wegen der enorm großen geographischen Ausdehnung des Untersuchungsgebiets wurde jede Probennahmestelle lediglich einmal untersucht, und Langzeit-Beobachtungen fehlen fast vollständig, daher ist es schwierig zu entscheiden, ob sich Bd-Infektionen in den Ländern gerade ausbreiten oder bereits lange existieren. „Es wird in naher Zukunft abzuwarten sein“, sagt Vredenburg, „wie die Bd-Prävalenz sich mit der Zeit ändert. Dies wird der Schlüssel zum Verstehen des letztendlichen Ausbruchs der Krankheit sein“.
Wenn Bd in Asien schon lange Zeit etabliert ist, würden die Forscher gerne wissen, warum es den Amphibien dort gelungen ist, mit einem Pilz zu ko-existieren, der sich woanders als so zerstörerisch erwiesen hat. Es ist zum Beispiel möglich, dass asiatische Amphibien eine Art bakteriellen Schutz in ihrer Haut gegen Bd tragen.
„Andere Wissenschaftler analysieren die Gene der weltweit gesammelten Bd-Proben“, sagt Vredenburg, „um herauszufinden, ob Stämme von verschiedenen Teilen der Welt sich auch in ihrer Virulenz unterscheiden“.
Und falls Asien gerade am Rande einer Chytrid-Epidemie steht, vermuten Rödder und Kollegen, dass diese auf den Philippinen beginnen wird. „Das Vorherrschen und die Intensität der Bd-Infektion ist hier weit höher als irgendwo anders in Asien“, postulieren sie. „Bd auf den Philippinen heute sieht aus wie die frühen Ausbrüche in Kalifornien und Süd- und Mittelamerika.“
„Diese Studie ist der erste wichtige Schritt, Bd in Asien zu verstehen“, sagt Vredenburg. „Sie liefert eine solide Grundlage, auf die weitere Studien in der Zukunft aufbauen können“.
„Die Studie hat starke Auswirkungen auf die Koordination zukünftiger Schutzbemühungen“, meint Rödder. „Die Möglichkeit einer weiteren Aussterbewelle, wie schon in Mittel- und Südamerika beobachtet, hebt die Notwendigkeit hervor, dem asiatischen Survey mit weiteren Monitoring Programmen zu folgen. Diese haben eine Schlüsselfunktion für Notfall-Reaktionen wie die Durchführung von ex situ Erhaltungszuchtprogrammen, die einige Arten vor dem Aussterben bewahren könnten.“
Quelle: Zoologisches Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig