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Kosmische Leuchtfeuer im Kern der Milchstraße

Archivmeldung vom 23.04.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.04.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Ansicht der Milchstraße im infraroten Licht, aufgenommen von WISE. Die Masse des „Bulges“ ist auf ei
Quelle: NOAO/AURA/NSF/AIP/A. Kunder (idw)
Ansicht der Milchstraße im infraroten Licht, aufgenommen von WISE. Die Masse des „Bulges“ ist auf ei Quelle: NOAO/AURA/NSF/AIP/A. Kunder (idw)

Ein internationales Team von Astrophysikern unter Leitung von Dr. Andrea Kunder, Wissenschaftlerin am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP), hat entdeckt, dass der zentrale Bereich der Milchstraße eine sehr alte Generation von Sternen beheimatet, welche völlig andere Bewegungsmuster zeigen als die übrigen, jüngeren Sterne. Diese so genannten RR Lyrae Sterne sind über 10 Milliarden Jahre alt. Ihre abweichenden Umlaufbahnen belegen, dass sie einen anderen und älteren Ursprung haben müssen als die übrigen Sterne im Kern. Aus ihren Untersuchungen können die Astronomen somit Rückschlüsse auf die Entstehungsgeschichte des Kerns der Milchstraße ziehen.

Mit der Vermessung der RR Lyrae Sterne ist es dem Team um Andrea Kunder erstmalig gelungen, zwei Komponenten des Kerns der Milchstraße – eine sehr alte sowie die dominierende, jüngere Komponente von Sternen im Zentrum der Galaxie – kinematisch voneinander zu trennen. Dafür nahmen die Astronomen zunächst zu verschiedenen Zeitpunkten über gut zwei Jahre Beobachtungsdaten von etwa 1.000 RR Lyrae Sternen auf. Für die Beobachtung nutzten sie den AAOmega-Spektrographen des Anglo Australian Teleskops im australischen Siding Spring. RR Lyrae Sterne ändern ihre Lichtintensität etwa einmal pro Tag, was ihre Vermessung schwieriger macht als die von nicht-variablen Sternen. Ihr Vorteil ist, dass sie als sogenannte Standardkerzen dienen, mit denen Entfernungen präzise bestimmt werden können. Auch kommen sie nur in Sternpopulationen vor, die älter als 10 Milliarden Jahre sind, wie beispielsweise in alten Kugelsternhaufen. Das Team beobachtete für die aktuelle Studie simultan hunderte von Sternen in Richtung der Konstellation Schütze.

Im nächsten Schritt untersuchten die Astronomen die Geschwindigkeiten und die chemische Zusammensetzung der beobachteten RR Lyrae Sterne. So wie das heutige London oder Paris auf den Über-resten alter Bauwerke aufgebaut ist, so hat auch die Milchstraße eine lange Entstehungsgeschichte, die zahlreiche Sterngenerationen umfasst. Da schwerere Elemente wie Metalle erst in Sternen gebildet werden, sind junge Sterne deutlich reicher an Metall als ältere. Astronomen gehen daher davon aus, dass die ältesten Objekte der Milchstraße metallarme Sterne sind. In den zentralen Regionen unserer Heimatgalaxie sind vor allem metallreiche Sterne – mit einem ähnlich hohem Metallgehalt wie dem unserer Sonne – zu finden. Diese Sterne sind in einem „Bar“ genannten ovalen Bereich angeordnet und umkreisen das galaktische Zentrum alle in etwa der gleichen Richtung. Auch der Wasserstoff in der Milchstraße lässt dieses Bewegungsmuster erkennen. Daher ging man lange davon aus, dass alle zentrumsnahen Sterne sich entsprechend bewegen. Zur Überraschung der Wissenschaftler stellte sich jedoch heraus, dass die RR Lyrae Sterne von diesem Muster abweichen. Anstelle der erwarteten Umlaufbahnen, zeigen sie zufällig verteilte Bewegungen, die nahe legen, dass die Sterne ursprünglich weit außerhalb dieses Bereichs, also zeitlich noch vor der Entstehung des „Bar“ geboren wurden.

„Wir waren davon ausgegangen, dass diese Sterne ebenso rotieren wie die übrigen Sterne im Zentrum“ so Andrea Kunder, Leiterin der Studie. Ko-Autor Juntai Shen vom Shanghai Astronomical Observatory ergänzt: „Nur ein Prozent der Gesamtmasse des „Bar“ wird durch die RR Lyrae Sterne gebildet. Allerdings scheinen diese extrem alten Sterne, die wahrscheinlich die ersten Bausteine der Milchstraße waren, einen völlig anderen Ursprung zu haben als alle übrigen Sterne des Zentralbereichs.“

Als nächste Schritte wollen die Astronomen, den exakten Metallgehalt der RR Lyrae Sterne bestimmen sowie die Anzahl der untersuchten Sterne auf das Drei- bis Vierfache erhöhen.

Quelle: Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (idw)

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