Rote Liste verzeichnet 530 Neuzugänge
Archivmeldung vom 02.05.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt16.119 ist die traurige Zahl des heutigen Tages: Sie ist die Summe aller Tier- und Pflanzenarten, die auf der neuesten Ausgabe der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten geführt werden. Diese wurde heute von der Weltnaturschutzunion IUCN im schweizerischen Gland veröffentlicht. Im Vergleich zu 2004 ist die Liste um 530 Arten angewachsen.
Der WWF, dessen Artenschützer weltweit in 100 Ländern
aktiv sind und auch bei den Datenerhebungen für die Rote Liste
mitarbeiten, zeigt sich besonders besorgt über die weiterhin prekäre
Lage der Süßwasserbewohner: 56 Prozent aller nur in der
Mittelmeerregion vorkommenden Süßwasserfischarten sind vom Aussterben
bedroht - so viele wie nirgendwo sonst auf der Welt. In Ostafrika
gilt dies für mehr als jede vierte Süßwasserfischart (28 Prozent).
Roland Melisch, Leiter Artenschutz beim WWF Deutschland:
"Politiker sollten die Rote Liste sehr ernst nehmen."
Entscheidungsträger aus aller Welt hatten 2002 beim Weltgipfel in
Johannesburg eine Trendwende beim Artensterben bis 2010 beschlossen.
Um diese nur annähernd einzuleiten, müsse laut Melisch ein
politischer Paradigmenwechsel her. "Das 2010-Ziel ist angesichts der
neuen Roten Liste offensichtlich nur ein Lippenbekenntnis gewesen.
Der Artenschutz muss Einzug in alle Politikbereiche halten, wenn es
mit der biologischen Vielfalt nicht weiter bergab gehen soll." Der
WWF fordert, dass sich die Regierungen Deutschlands und der EU bei
Subventionen, Investitionen und Handelsabschlüssen stets an ihrem
Versprechen von Johannesburg orientieren.
Die Rote Liste ist lang: Darauf stehen unter anderem eine von drei
Amphibienarten, ein Viertel aller Säugetier- und Nadelbaumarten sowie
jede achte Vogelart. Neu ist die Einstufung der 547 Hai- und
Rochenarten: Fortan gelten 20 Prozent als vom Aussterben bedroht.
Unter den 530 Neuzugängen befindet sich auch der Eisbär. Ihm macht
vor allem die globale Erwärmung zu schaffen. "Den Eisbären schmilzt
der Boden unter den Füßen weg: Sie brauchen aber das Packeis zum
Überleben, denn nur dort können sie Jagd auf ihre Hauptnahrung, die
Robben, machen", sagt Melisch. Der Bestand ist mittlerweile auf
22.000 Eisbären gesunken - in den nächsten 45 Jahren könnte er um
weitere 30 Prozent zurückgehen.
Insgesamt erfasst die IUCN auf ihrer Roten Liste rund 40.000 Tier-
und Pflanzenarten, die in acht verschiedene Grade der Gefährdung
eingeteilt werden. In der obersten Kategorie finden sich 784 Arten:
Sie gelten als endgültig ausgestorben. Dazu gehören zum Beispiel zwei
Karpfenarten aus Griechenland und der Türkei. Auf dem zweiten Platz -
"in der Wildnis ausgestorben" - folgen weitere 65 Arten. Es gibt sie
nur noch in Zuchtprogrammen. Hier finden sich unter anderem der
Schwarzfuß-Iltis und die Säbelantilope. Melisch schätzt, dass sich
die natürliche Aussterberate durch den Einfluss des Menschen um den
Faktor 1.000 bis 10.000 erhöht hat. "Bei dem Tempo, dass wir durch
unsere Eingriffe in die Lebensräume der Tiere und Pflanzen vorlegen,
kann die Evolution nicht mithalten. Wenn es so weitergeht wie bisher,
werden wir bald nur noch einen Bruchteil der Artenvielfalt der Erde
bewundern können."
Quelle: Pressemitteilung WWF Deutschland