Trockenstress im Tropenwald
Archivmeldung vom 11.06.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtIn einer Studie, die jetzt im Wissenschaftsmagazin Nature Geoscience erschien, belegt ein internationales Forscherteam, dass die Tropenwälder Indonesiens während der letzten 25.000 Jahre höchst unterschiedlich auf Klima- und Niederschlagsänderungen reagierten. Das ergaben Untersuchungen an Sedimentkernen aus dem Pazifischen bzw. dem Indischen Ozean.
Der Studie zufolge waren die immergrünen Regenwälder weitgehend unempfindlich gegenüber schwankenden Niederschlagsmengen. Ganz anders reagierten die Monsunwälder des indonesischen Archipels. Diese vom Rhythmus der Regen- und Trockenzeiten geprägten Wälder wurden immer dann von savannenartigen Graslandschaften zurückgedrängt, wenn sich Trockenperioden intensivierten und verlängerten. Die Studie wirft Fragen auf, wie tropische Wälder auf den zukünftigen Klimawandels reagieren, wenn sich die saisonalen Klimaschwankungen weiterhin verstärken.
Vom westlichen Pazifik bis in den Indischen Ozean erstreckt sich zu beiden Seiten des Äquators eine tausende Kilometer lange Linse extrem warmen Oberflächenwassers mit jährlichen Durchschnittstemperaturen von mehr als 28 Grad Celsius. Inmitten dieser ausgedehnten Warmwasserzone liegt der Inselstaat Indonesien. Der aufgeheizte Ozean versorgt die Atmosphäre mit großen Feuchtigkeitsmengen, die diesem „maritimen Kontinent“ Niederschläge von 2.000 bis 3.000 Millimeter pro Jahr bescheren. Kein Wunder daher, dass etwa auf Borneo immergrüne tropische Regenwälder gedeihen. Weiter südlich und südöstlich dagegen, etwa auf Sulawesi oder den Molukken, prägt der Monsun mit seinen ausgeprägten Regen- und Trockenzeiten das Vegetationsbild Indonesiens. Verglichen mit dem immergrünen Regenwald sind die Bäume des tropischen Monsunwalds, darunter der Teakbaum, kleiner. Zudem werfen sie ihr Laub während der Trockenzeit ab.
Die Forschergruppe ging der bislang weitgehend ungeklärten Frage nach, wie die Vegetation der beiden Waldtypen auf langfristige Klima- und Niederschlagsänderungen reagiert. Grundlage der Untersuchungen waren mehrere Sedimentkerne, die u.a. auf Expeditionen mit dem deutschen Forschungsschiff SONNE gewonnen wurden. Einer dieser Kerne stammt aus dem Meeresgebiet östlich von Borneo und bildet die Vegetationsentwicklung der dortigen tropischen Regenwälder ab. Andere Kerne stammen aus Regionen weiter südlich und repräsentieren die Entwicklung der Monsunwälder. In aufwändigen Laboruntersuchungen isolierten die Forscher Überreste der einstigen Vegetation aus den Meeresablagerungen. Dabei waren sie vor allem an Pollen und pflanzlichen Wachsen interessiert, da diese Hinweise aus längst vergangene Vegetationsmuster bieten.
Die Laboranalysen ergaben, dass sich die Vegetation der tropischen Regenwälder seit dem Höhepunkt der letzten Eiszeit kaum verändert hat. Damals wie heute prägte der immergrüne Regenwald mit seinen typischerweise vier Vegetationsstockwerken das Vegetationsbild Borneos.
„Zu unserer Überraschung ergab sich für die Monsunwälder im südlichen Teil des indonesischen Archipels ein ganz anderes Bild“, sagt Dr. Mahyar Mohtadi, Co-Autor der Nature Geoscience-Studie. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass die durch den Monsun bedingten Trockenzeiten zum Höhepunkt der letzten Eiszeit nicht nur deutlich stärker ausgeprägt waren sondern auch länger anhielten. Als Reaktion auf diesen Trockenstress breiteten sich savannenartige Graslandschaften aus.“ Der Fund von Holzkohlepartikel in den Sedimentkernen unterstreicht: Die Landschaft dörrte zeitweise so stark aus, dass Blitzeinschlag Flächenbrände verursachten. Diese mögen dazu beigetragen haben, die Wälder zurück zu drängen. „Mitverantwortlich für diese Entwicklung ist möglicherweise der damals deutlich niedrigere Meeresspiegel“, sagt der Bremer Meereswissenschaftler. „Er legte Teile des indonesischen Festlandssockels trocken und schränkte u.a. den Feuchtigkeitstransport vom Pazifik Richtung Land ein.“
Verglichen mit heute waren die Gegensätze zwischen Trocken- und Regenzeit vor 20.000 Jahren zwar deutlich ausgeprägter. Andererseits weisen Untersuchungen darauf hin, dass sich der Rhythmus des Monsuns durch den derzeitigen globalen Wandel ändert. „Die Frage ist“, sagt Mahyar Mohtadi, „wie diese Entwicklung weiter geht und wie die Vegetation gegebenenfalls darauf reagiert. Immerhin leben in dieser Region Millionen Menschen von der Landwirtschaft – und mit dem stetigen Wechsel von Regen- und Trockenzeiten.“
Quelle: MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen (idw)