Viele Demeter-Höfe halten trotz Verbots Rinder ohne Hörner
Archivmeldung vom 03.06.2019
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Freigeschaltet durch André OttViele Höfe des Biobauernverbandes Demeter halten entgegen seinen Richtlinien Rinderrassen ohne Hörner. "Zahlreiche Betriebe, die vor weniger als 15-20 Jahren umgestellt haben, haben einen gewissen Anteil hornloser Tiere in ihrer Herde", teilte Verbandssprecherin Antje Kölling der Tageszeitung "taz" auf Anfrage mit.
Dabei bestimmen die Demeter-Regeln klar: "Genetisch hornlose Tiere in der Rindviehhaltung sind nicht erlaubt." Die Organisation wirbt intensiv mit Slogans wie: "Demeter-Kühe haben Hörner." Sowohl in konventionellen als auch Bio-Betrieben werden den meisten Kälbern ein paar Wochen nach der Geburt die Hornansätze ausgebrannt. Oder die Tiere kommen hornlos zur Welt, weil ihre Rasse so gezüchtet wurde. Denn viele Bauern fürchten, dass Tiere mit Hörnern sich gegenseitig oder Menschen verletzen könnten. Demeter dagegen argumentiert beispielsweise auf seiner Internetseite mit dem "Respekt" vor dem Tier. Die Landwirte des Verbands "passen ihre Tiere nicht einfach den 'Produktionsbedingungen' an, sondern bauen Ställe, die groß genug sind für die Bedürfnisse ganzer Kühe". Zudem würden sie sich Zeit nehmen, um die Rinder zu beobachten und "eine vertrauensvolle Beziehung" zu schaffen. So würden sie das Verletzungsrisiko minimieren.
Doch dass "zahlreiche" Betriebe in einer zeitlich nicht definierten "Umstellungsphase" genetisch hornlose Rinder halten dürfen, wie Kölling einräumt - davon steht in der Richtlinie kein Wort. "Die Umstellungsphase ergibt sich aus der Praxis", antwortet die Pressesprecherin auf die Frage der taz nach der Rechtsgrundlage. "Viele Betriebe, die zu uns kommen, haben leider bereits einen Teil genetisch hornloser Rinder oder enthornter Rinder. Die Rinderherde ist das Kapital eines Milchviehbetriebes - die kann man nicht einfach von einem Tag auf den anderen komplett austauschen."
Kölling wies Vorwürfe zurück, Demeter-Höfe würden mit der Horn-Pflicht lax umgehen. "Das ist nicht der Fall", sagte sie. Ab dem ersten Tag der Umstellung auf Demeter-Standard dürften die Höfe keine genetisch hornlosen Zucht-Stiere oder Sperma von ihnen mehr einsetzen. "In der Kontrolle muss der Betrieb beweisen, dass in der Herde ein kontinuierlicher Zuchtfortschritt in Richtung Horngenetik erfüllt ist."
Gegen eine konsequente Kontrolle spricht allerdings, dass Demeter laut Kölling noch nicht einmal statistisch erfasst, wie viele der rund 900 deutschen Demeter-Höfe mit Rindern im Rahmen der Umstellung oder des Bestandsschutzes überhaupt noch genetisch hornlose oder enthornte Tiere halten.
Quelle: taz - die tageszeitung (ots)