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Die beste Zeit fürs Kinderkriegen? Haselmäuse entscheiden nach komplexen Kriterien

Archivmeldung vom 28.04.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.04.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Haselmaus Foto: Rimvydas Juskaitis
Haselmaus Foto: Rimvydas Juskaitis

Winterschlaf führt zu unterschiedlichen Strategien bei der Fortpflanzung: Während Waldmäuse sich zwischen Februar und Oktober kontinuierlich und so oft wie möglich fortpflanzen, gebären Haselmäuse ihre Jungen entweder so früh wie möglich, nachdem sie aus dem Winterschlaf erwachen, oder so spät wie möglich – gerade noch rechtzeitig um den Jungen Zeit zu geben, sich auf den Winterschlaf vorzubereiten. Diese Resultate von Claudia Bieber und Kollegen vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Vetmeduni Vienna sind in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Oecologia“ erschienen.

Laut der Life-History-Theorie, der Theorie zur Optimierung von Lebenszyklus-Strategien, passen Lebewesen ihre Fortpflanzung durch evolutive Prozesse an die Bedingungen ihrer Umwelt an. Dabei ändern sie verschiedene Faktoren wie beispielsweise den Zeitpunkt der der Geschlechtsreife oder die Geburtstermine ihrer Jungen. Laut dieser Theorie sollten die Tiere, den Umständen entsprechend, so viele überlebende Nachkommen wie möglich in die Welt setzen.

Winterschlaf beeinflusst Fortpflanzung

Claudia Bieber und ihre Kollegen vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni Vienna) beobachteten bei einer wild lebenden Haselmauspopulation (Muscardinus avellanarius) in Litauen jetzt jedoch einen untypischen zweigipfeligen Verlauf der Geburtstermine innerhalb ihrer jährlichen Aktivitätsperiode. Ungefähr ein Drittel der Haselmäuse wurden im Frühsommer (Juni) geboren, die Mehrheit kam jedoch spät (August/September) zur Welt. Dazwischen, im Hochsommer, bekamen hingegen nur sehr wenige Haselmäuse Nachwuchs, obwohl sich die Umweltbedingungen nicht verschlechtert hatten. Während Waldmäuse, wie auch viele andere Kleinsäuger, so oft wie möglich viele Junge bekommen, zeigen Haselmäuse in der untersuchten Population eine flexiblere Fortpflanzungsstrategie. Claudia Bieber und ihr Team nehmen an, dass die Ursache dieses ungewöhnlichen, bimodalen Musters der Geburtstermine im Auftreten des Winterschlafs bei dieser Tierart liegt.

Bislang wissen Forschende relativ wenig über die Überlebensraten von kleinen Winterschläfern. In der hier beschriebenen, so genannten Fang-Wiederfang Studie fanden Bieber und ihre Kollegen heraus, dass die Überlebensraten der Haselmäuse während der Winterschlafphase überraschend hoch waren. Im saisonalen Vergleich über alle Altersgruppen waren die mittleren Überlebensraten im Winter am höchsten. Sogar im Spätsommer geborene Tiere hatten im direkt darauffolgenden Winter gute Überlebenschancen.

Schnelle und langsame Strategien

Beim Vergleich der Anzahl an Jungen, die ein Weibchen über ihre gesamte Lebenszeit zur Welt bringt, fanden die Forscher zudem heraus, dass die im Frühjahr geborenen Tiere mehr Nachwuchs bekamen. Das liegt vermutlich daran, dass die im Mai geborenen Jungtiere noch im selben Jahr selbst Junge bekommen können. In Populationen, die vergleichsweise viele Fressfeinde haben, wie es in Litauen der Fall ist, scheint diese „schnelle” Lebensstrategie am erfolgreichsten zu sein. Allerdings schaffen es nur Weibchen mit relativ hohem Körpergewicht, schon im Frühjahr Junge zu bekommen. Für Weibchen mit niedrigerem Körpergewicht lohnt es sich eher, mit der Fortpflanzung bis zum Spätsommer zu warten und mit dembevorstehenden Winterschlaf die Überlebenschancen ihrer Jungen zu verbessern. Das kann man als eine „langsame“ Lebenszyklus-Strategie bezeichnen. “Am interessantesten an unserer Studie ist, dass Haselmäuse innerhalb einer einzigen Population verschiedene Lebenszyklus-Strategien verfolgen können“, sagt Claudia Bieber, „Wie unsere Studie zeigt, sind solche Strategien offenbar flexibler als bisher angenommen.“

Quelle: Veterinärmedizinische Universität Wien

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