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Grönlands Eis schmilzt – auch von unten

Archivmeldung vom 12.08.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.08.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Modellierte Temperatur an der Basis des grönländischen Eisschildes, GRIP and GISP2: Lage der Bohrlöcher. Bild: A. Petrunin/GFZ
Modellierte Temperatur an der Basis des grönländischen Eisschildes, GRIP and GISP2: Lage der Bohrlöcher. Bild: A. Petrunin/GFZ

Der grönländische Eisschild wird durch einen hohen Wärmefluss aus dem Erdmantel in die Lithosphäre von unten angeschmolzen. Dieser Einfluss variiert räumlich sehr stark und hat seine Ursache in einer außergewöhnlich dünnen Lithosphäre. Daraus folgt ein erhöhter Wärmefluss aus dem Erdmantel und ein komplexes Wechselspiel zwischen dieser geothermischen Heizung und dem grönländischen Eisschild.

Die internationale Initiative IceGeoHeat unter Leitung des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ stellt in der aktuellen Online-Ausgabe von Nature Geoscience (Vol. 6, 11. August 2013) fest, dass dieser Effekt bei der Modellierung des Eisschildes im Klimageschehen nicht vernachlässigt werden darf.

Die kontinentalen Eisschilde spielen im Klima eine zentrale Rolle. Wechselwirkungen und Rückkopplungsprozesse zwischen Eisfläche und Temperaturanstieg sind komplex und bis heute Forschungsgegenstand. Der grönländische Eisschild verliert jährlich rund 227 Gigatonnen an Eis und trägt damit pro Jahr etwa 0,7 Millimeter zur aktuell beobachteten mittleren Meeresspiegeländerung von rund 3 mm pro Jahr bei. Bisherige Modellrechnungen beruhten jedoch auf einer Betrachtung der Eiskappe und berücksichtigten den Effekt der Lithosphäre, also der Erdkruste und des oberen Mantels, zu stark vereinfacht und vornehmlich mechanisch: das Eis drückt aufgrund seines Gewichts die Kruste nach unten. GFZ-Wissenschaftler Alexey Petrunin und Irina Rogozhina koppelten nun ein Eis/Klima-Modell mit einem thermomechanischen Modell für die Lithosphäre Grönlands. „Wir haben das Modell über einen Simulationszeitraum von drei Millionen Jahre laufen lassen und dabei Messungen aus Eisbohrkernen und unabhängigen magnetischen und seismischen Daten berücksichtigt“, so Petrunin. „Unsere Modellrechnungen stimmen sehr gut mit den Messungen überein. Sowohl die Mächtigkeit des Eisschilds als auch die Temperatur an seiner Basis werden sehr genau abgebildet.“

Das Modell kann sogar den Temperaturunterschied erklären, der an zwei nah beieinander liegenden Bohrlöchern gemessen wurden: die Dicke der grönländischen Lithosphäre variiert auf engem Raum sehr stark und damit auch der geothermische Wärmefluss.

Was bedeutet das für die Klimamodellierung? „Die Temperatur an der Basis des Eises und damit die gegenwärtige Dynamik des grönländischen Eisschildes ist Resultat der Wechselwirkung zwischen dem Wärmefluss aus dem Erdinneren und der Temperaturänderungen, die mit den Eiszeit-Zyklen einhergehen“, erklärt Ko-Autorin Irina Rogozhina (GFZ), Initiatorin von IceGeoHeat. „Wir finden Bereiche, in denen das Eis an der Basis schmilzt direkt neben anderen Gebieten, wo die Eisbasis extrem kalt ist.“

Das aktuelle Klima wird also auch durch Prozesse beeinflusst, die weit in die Erdgeschichte zurückreichen: die grönländische Lithosphäre ist zwischen 2,8 und 1,7 Milliarden Jahre alt und ist unter Zentral-Grönland nur etwa 70 bis 80 Kilometer mächtig. Warum sie so außergewöhnlich dünn ist, muss noch erforscht werden. Es zeigt sich aber, dass die Kopplung von Modellen der Eisdynamik mit thermomechanischen Modellen der festen Erde einen präziseren Blick in die Vorgänge erlaubt, die das grönländische Eis zum Schmelzen bringen.

Quelle: Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ (idw)

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