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Vattenfall will Brunsbüttel-Verlängerung trotz hunderter ungeklärter Mängel

Archivmeldung vom 06.03.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.03.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Jens Brehl

Das Gerichtsverfahren um die Herausgabe der seit Jahren geheim gehaltenen Schwachstellenliste des Atomkraftwerks Brunsbüttel hat die Zweifel am Sicherheitszustand des 30 Jahre alten Siedewasserreaktors noch einmal massiv verstärkt. Darauf hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) unter Hinweis auf aktuelle Einlassungen des Brunsbüttel-Betreibers Vattenfall in der Auseinandersetzung um die Freigabe der Liste verwiesen.

Die DUH reagierte empört auf den Anspruch des Konzerns, den umstrittenen Reaktor zweieinhalb Jahre länger betreiben zu wollen, als im Atomkonsens vereinbart.

"Dieser Reaktor stellt das größte Sicherheitsrisiko in Norddeutschland dar", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Vattenfall begründe die Geheimhaltung der Mängelliste vor Gericht mit dem Argument, sie erlaube eine Bewertung des aktuellen Anlagenzustandes und lasse so Rückschlüsse auf Nachrüstungserfordernisse, fehlende Sicherheitsnachweise und damit den Wert der Anlage zu. Vattenfall würde deshalb bei einem möglichen Verkauf der Anlage ein wirtschaftlicher Schaden entstehen, da ein potenzieller Käufer durch die Veröffentlichung der Liste (etwa durch die DUH) den mangelhaften Zustand des Reaktors erkennen könne.

"Im Klartext bedeutet das, dass Vattenfall einen potenziellen Käufer des AKW Brunsbüttel über Nachrüstnotwendigkeiten und Schwachstellen im Unklaren lassen würde. Eine Information über Sicherheitsmängel soll in diesem Fall unterbleiben, damit sich das Eingeständnis nicht negativ auf den Kaufpreis auswirken kann", sagte Cornelia Ziehm, die Leiterin Verbraucherschutz und Recht der DUH. "Eine solche ´Verkaufsstrategie´ würde beim Verkauf eines Gebrauchtwagens mit defekten Bremsen jedermann kriminell nennen, beim potenziellen Verkauf eines maroden Atomreaktors fehlen einem angesichts dieser Haltung die Worte. Die "Gefahr" einer Kaufpreisminderung des AKW Brunsbüttel als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis verkaufen zu wollen, ist - jenseits der interessanten Vorstellung eines Verkaufs des 30 Jahre alten Atomkraftwerks - abenteuerlich."

"Vattenfall geht es um Kostenminimierung zu Lasten der Sicherheit", so Baake auch mit Blick auf die in jüngster Zeit bekannt gewordenen Zustände im ebenfalls von Vattenfall betriebenen schwedischen Problemreaktor Forsmark.

Die DUH bemüht sich auf Grundlage der EU-Umweltinformationsrichtlinie seit einem halben Jahr um die Herausgabe der Liste, die nach dem öffentlichen Eingeständnis der Kieler Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) "hunderte offene Punkte" enthält. Hintergrund der Auseinandersetzung ist eine inzwischen mehr als fünfeinhalb Jahre zurückliegende, im Atomgesetz vorgeschriebene Sicherheitsüberprüfung des Siedewasserreaktors, die immer noch nicht abgeschlossen ist. Die für die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein zuständige Ministerin Trauernicht hatte dem Auskunftsbegehren der DUH Anfang November 2006 zwar grundsätzlich zugestimmt, sich aber nach einer Klage des Brunsbüttel-Betreibers Vattenfall Europe geweigert, die sofortige Vollziehung der Aktenherausgabe anzuordnen. Nach früheren Erfahrungen kann dieses Vorgehen im Ergebnis eine jahrelange Verzögerung bedeuten.

Nach der nun erfolgten öffentlichen Ankündigung von Vattenfall, den Reaktor über den Termin der Bundestagswahl 2009 hinaus betreiben zu wollen, muss nach Überzeugung der DUH die Kieler Atomaufsicht unmittelbar reagieren: "Frau Trauernicht darf sich auf das Spiel mit der Sicherheit der Menschen in Schleswig-Holstein, das Vattenfall über Jahre mit ihr und ihrer Atomaufsicht getrieben hat, jetzt keinen Tag länger einlassen", verlangte Baake. "Sie muss die Schwachstellenliste den von einem schweren Unfall potenziell Betroffenen zugänglich machen, vor allem aber muss sie ihre unverzügliche Abarbeitung anordnen, Punkt für Punkt und sofort!"

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe e.V.

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