Deutsche Autoindustrie hintertreibt EU-Klimapolitik
Archivmeldung vom 24.01.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie im deutschen Automobilverband VDA zusammengeschlossenen Unternehmen blockieren - gemeinsam mit ihrem Dachverband ACEA - aktiv den Einstieg der EU in eine konkrete Klimaschutzpolitik.
Unmittelbar nachdem gestern VDA-Präsident
Gottschalk öffentlich verbindliche Klimaschutzmaßnahmen für die
deutsche Automobilindustrie abgelehnt hatte, knickte
EU-Kommissionspräsident Barroso ein und strich kurzerhand die Pläne
zum Klimaschutz in der Automobilindustrie von der Tagesordnung der heutigen EU-Kabinettssitzung.
"Die deutsche EU-Präsidentschaft verliert mit diesem Einknicken
der Politik vor den Interessen einiger weniger Industriekonzerne ihre
letzte klimapolitische Glaubwürdigkeit." Darauf hat die Deutsche
Umwelthilfe e. V. (DUH) hingewiesen und Bundeskanzlerin Angela Merkel
aufgefordert, eine zügige Verabschiedung von verbindlichen
Klimaschutzauflagen für die europäische Automobilindustrie
durchzusetzen.
"Erst das unsägliche Geschachere mit der EU-Kommission um den
nationalen Zuteilungsplan für Treibhausgas-Emissionen, jetzt der
maßgeblich vom deutschen Industriekommissar Günter Verheugen und den
hiesigen Autoherstellern angeführte Widerstand gegen eine wirksame
Eindämmung der Klimagase im Straßenverkehr: Die vollmundige
Ankündigung der Bundeskanzlerin, Fortschritte im Klimaschutz zum
Schwerpunkt sowohl der deutschen EU-Ratspräsidentschaft als auch
ihres G8-Vorsitzes zu machen, endet nach drei Wochen als
Rohrkrepierer", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Resch
fordert Merkel und Kommissionspräsident José Manuel Barroso auf, die
Blockierer im Klimaschutz in die Schranken zu weisen, so wie es
Umweltkommissar Dimas mit seinem Strategievorschlag für fixierte
CO2-Grenzwerte vorgeschlagen habe.
"Barroso muss wissen, dass sein Kniefall vor den Autoherstellern
die eben erst ansatzweise erworbene Glaubwürdigkeit der EU-Kommission
im Klimaschutz wieder in Frage stellt und mittelfristig den
europäischen Autoherstellern nicht einmal hilft. Auf dem Weltmarkt
werden in absehbarer Zeit nur noch solche Fahrzeuge absetzbar sein,
die beim Klimaschutz Teil der Lösung und nicht Teil des Problems
sind," so Resch.
Der DUH-Bundesgeschäftsführer nannte den vom Präsidenten des
Verbandes der Deutschen Automobilindustrie, Bernd Gottschalk, erneut
ins Spiel gebrachten so genannten "integrierten Ansatz" eine "reine
Propagandaformel, die einzig die Tatsache kaschieren soll, dass die
Hersteller die zugesagten Klimaschutzversprechen nicht einhalten
wollen". Mit dem "integrierten Ansatz" versucht die Industrie seit
Jahren, die unterlassenen Effizienzfortschritte bei den
Kraftfahrzeugen durch Taschenspielertricks wie dem Versuch einer
Verrechnung mit dem Anteil von Biokraftstoffen am Sprit zu
kaschieren.
Umweltkommissar Dimas hatte das in seinem nun von der Tagesordnung
der heutigen Brüsseler Kabinettssitzung abgesetzten Vorlage
(www.duh.de) entschieden abgelehnt und erklärt, dass der 140g/km
CO2-Zielwert für CO2 in 2008 bzw. 120g/km in 2012 unabhängig von den
zusätzlich zu unternehmenden Anstrengungen erreicht werden müsse und
eine Verrechnung beider Maßnahmen nicht erfolgen dürfe. Die
CO2-Emissionen im Straßenverkehr haben sich - bei insgesamt sinkendem
Treibhausgasausstoß in der EU - seit 1990 dramatisch um 26 Prozent
erhöht.
Resch erinnert daran, sich die deutschen Hersteller BMW,
Volkswagen, DaimlerChrysler und Porsche auch in den USA auf eine
Anti-Klimaschutz-Position festgelegt haben. In Kalifornien klagen sie
(gemeinsam mit amerikanischen Autoherstellern) gegen die von
Gouverneur Arnold Schwarzenegger im dortigen Klimaschutzgesetz AB
1493 fixierten Begrenzungen des Spritverbrauchs von Neuwagen, und
zwar mit dem absurden Argument, Kohlendioxid sei nicht als
"Luftschadstoff" einzustufen.
Die DUH hatte erst am 22.1.2007 ein "Sofortprogramm zur Minderung der Klimagas-Emissionen von Pkw" (www.duh.de) vorgelegt, in dem unter anderem verbindliche Verbrauchsobergrenzen für Pkw und die Abschaffung der Subventionen für Dienstwagen mit hohem Spritverbrauch gefordert werden.
Quelle: Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe e. V.