Industrie verspricht sich zuviel von Kohlendioxid-Verpressung
Archivmeldung vom 27.09.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZurzeit wird die neue Technik der Lagerung von Treibhausgasen weltweit intensiv diskutiert. Die Umweltorganisation Greenpeace warnt davor, die Idee, umweltschädliches Kohlendioxid unter der Erde oder in Ozeanen zu speichern, als heilsbringende Wunderwaffe im Kampf gegen den Klimawandel zu sehen.
"Erst einmal muss es darum gehen, Kohlendioxid überhaupt nicht
entstehen zu lassen. Noch ist die Technik der so genannten
Verpressung nicht ausgereift und der um sich greifende Wunderglaube
führt zu Fehlinvestitionen", sagt Gabriela von Goerne, "in 50 Jahren
sieht das vielleicht anders aus." Sie ist Geologin und
Energieexpertin bei Greenpeace. Außerdem gehört sie zum
Experten-Gremium des IPCC (International Panel on Climate Change) der
Vereinten Nationen und hat an einem IPCC-Report zur Speicherung von
Kohlendioxid mitgearbeitet.
Der fossile Energieträger Kohle enthält große Mengen Kohlenstoff,
die das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) bei der Verbrennung
freisetzen. Dieses soll am Ort des Entstehens, etwa im Schlot des
Kraftwerkes, aufgefangen und unterirdisch verpresst werden, z.B. in
leeren Ölfeldern. Viele technische Probleme sind bisher ungelöst. Die
Speicherung riesiger Mengen im Untergrund würde die potentiellen
Speicherplätze etwa in Deutschland schnell füllen. Das Risiko von
Leckagen - und damit die Gefährdung von Menschen, Ökosystemen oder
auch Grundwasser - würde zunehmen. Außerdem entweichen noch etwa 15
Prozent des bei der Verbrennung entstehenden CO2 weiterhin in die
Luft. Der Bau neuer Kohlekraftwerke wird schon jetzt mit dem Hinweis
auf diese unsichere Zukunftstechnologie legitimiert. Beispiel RWE:
RWE steigt aus Schott Solar aus, einem Unternehmen der Solarbranche.
Gleichzeitig werden mit dem geplanten Ausbau des Braunkohlekraftwerks
Neurath künftig allein dort über 30 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro
Jahr ausgestoßen.
"Setzen wir nur auf die Kohlendioxid-Verpressung, geraten wir in
eine Sackgasse", so von Goerne. "Wir würden uns auf die fossile
Energieversorgung mit Kohle festlegen - im Prinzip das, was wir heute
haben." Investitionen in Kraftwerke sind aber langfristige
Entscheidungen. Das in Kohle investierte Geld fehlt im Klimaschutz
oder für saubere Energieträger.
In Montreal haben Ministervertreter den Spezialreport des IPCC am
Montag ratifiziert. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass es keine baldige
Anwendung der Technologien zur Lagerung von Treibhausgasen gibt. Die
Wissenschaftler plädierten für den Umbau der Energiewirtschaft auf
Basis Erneuerbarer Energien. In Berlin treffen sich zurzeit Vertreter
des Führungsforums zur Kohlendioxidspeicherung (CSLF). Dem Forum
gehören mittlerweile 18 Nationen an, darunter auch Deutschland. Es
ist von den USA ins Leben gerufen worden, deren Regierung weiter auf
Kohle und Öl setzt und sich trotz der Hurrikan-Katastrophen der
Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls verweigert, das für die Staaten
verbindliche Ziele zu Reduktion der Treibhausgase vorschreibt.
Quelle: Pressemitteilung Greenpeace