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Deutsche Umwelthilfe kritisiert: Desinformations-Kampagne macht Stimmung für Freifahrtschein bei Reserve-Antibiotika in der Massentierhaltung

Archivmeldung vom 16.08.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.08.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Fake News: Dem ist wohl nur schwer beizukommen. Bild: pixel2013, picabay.com
Fake News: Dem ist wohl nur schwer beizukommen. Bild: pixel2013, picabay.com

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert von EU-Parlament und -Kommission, den massenhaften Einsatz von Reserve-Antibiotika in der industriellen Massentierhaltung schnellstmöglich zu verbieten. Dazu muss die Kommission mit einer Korrektur der Tierarzneimittelverordnung kurzfristig klarstellen, dass die neuen Regeln nicht für Einzeltiere wie Hund, Katze oder Pferd gelten.

Dies ist notwendig und auch rechtssicher möglich, wie ein Gutachten im Auftrag der DUH zeigt. Damit dürften Einzeltiere weiter mit Reserve-Antibiotika behandelt werden - die Resistenzen fördernde massenhafte Verabreichung dieser extrem wichtigen Antibiotika über das Futter oder Wasser in der industriellen Tierhaltung würde hingegen untersagt. Reserve-Antibiotika müssen immer häufiger Menschenleben retten, weil andere Antibiotika gegen resistente Erreger unwirksam werden. Für strengere Regeln hat auch der Umweltausschuss des EU-Parlaments votiert.

Mit ihrem Veto gegen den vorliegenden Kommissionsvorschlag entscheiden die Abgeordneten des EU-Parlamentes im September, ob sie diese zentrale Korrektur herbeiführen. Scheitert das Veto gegen die bisherige Formulierung, riskiert die EU die weitere Zunahme von Krankheitserregern auf Fleisch und anderen Lebensmitteln, die auch gegen die letzten Reserve-Antibiotika resistent sind - eine tödliche Bedrohung für Mensch und Tier.

Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband kritisiert deshalb massiv eine Kampagne, die mit Desinformation Stimmung macht, statt eine Klarstellung des Anwendungsbereiches einzufordern. Dort wird behauptet, von dem Verbot wären automatisch alle Haustiere betroffen. Zusammen mit emotionalen Bildern und Slogans sollen so Haustierhalterinnen und -halter dazu gebracht werden, die Kampagne zu unterstützen. Dass einige Tierarztpraxen finanziell massiv profitieren vom Verkauf und Rabatten, die bei großen Antibiotikamengen etwa für Megaställe gewährt werden, verschweigen sie dabei.

Dazu Reinhild Benning, DUH-Agrarexpertin: "Es ist beschämend, wie hier versucht wird, Tierfreundinnen und -freunden Angst zu machen, ihre geliebten Katzen oder Hunde würden gefährdet. Das ist nicht der Fall, wie auch unser neues Rechtsgutachten noch einmal eindeutig klarstellt, wenn die vom Umweltausschuss geforderte Korrektur kommt. Das Interesse einiger weniger Tierärztinnen und Tierärzte mit engem Draht zur Agrarindustrie ist dabei so durchschaubar wie unmoralisch: Werden Hund und Hamster in der EU-Regel weiter in einen Topf geworfen mit Lebensmittel-Tieren, dürfen weiter tonnenweise Antibiotika im Trog der Massentierhaltung landen - zum Profit einiger weniger Tierarztpraxen, die bis zu 78 Prozent ihres Umsatzes durch den Verkauf von Tierarzneimitteln scheffeln. Doch das trägt zu Antibiotikaresistenzen bei und gefährdet damit die Gesundheit von Menschen - aber genauso von Haustieren. Wir rufen deshalb alle verantwortungsbewussten Tierärztinnen und Tierärzte auf, gemeinsam für den Erhalt aller Therapiemöglichkeiten bei Einzeltieren, eine strenge Regulierung bei der Massenmedikation in industriellen Tierhaltungen sowie für mehr Tierschutz im Stall zu kämpfen."

Bei den Reserve-Antibiotika handelt es sich um 5 Wirkstoffklassen, die laut Weltgesundheitsorganisationen für Menschen vorbehalten und nicht bei "food animals" eingesetzt werden sollen, die aber bisher in der EU auch für sogenannte Lebensmittel-Tiere zugelassen sind. Bei der Gesetzgebung ist die EU-Kommission allerdings bislang nicht genau genug. Sie hat in der Verordnung nur den Begriff "animals" geschrieben, also Tiere. Für ein präzises Verbot müssen die Begriffe genauer bestimmt werden, wie "food animals" oder "livestock", also Tiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen. Die DUH fordert, die Unterscheidung per korrigierter Verordnung kurzfristig umzusetzen.

Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. (ots)

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