Riskante Verzögerungen. WWF kritisiert späte Bergung der in der Elbe gekenterten "Maritime Lady".
Archivmeldung vom 10.12.2005
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDie Vorbereitungen für die Bergung der am Montag in der Elbe vor Brunsbüttel gekenterten "Maritime Lady" durch das Havariekommando in Cuxhaven waren zu langwierig, kritisierte heute der WWF. Das Wrack gefährde die Schiffahrt auf der Elbe und könne so zu weiteren Unfällen führen, die schwere Folgen für die Umwelt haben könnten und so den angrenzenden Nationalpark Wattenmeer gefährden würden.
Dies habe sich bereits am Montag gezeigt, als kurz nach der Havarie ein weiteres Schiff auf die gekenterte "Maritime Lady" auflief. Auch die Düngerladung von 1800 Tonnen oder das als Treibstoff verwendete Öl könnte Schaden anrichten.
"Fünf Tage vom Unglück bis zum Beginn der Bergung sind einfach zu lang", kritisiert Dr. Hans-Ulrich Rösner vom WWF. Erst habe man abgewartet, ob der verantwortliche Reeder das Schiff birgt. Da dieser die Bergung nicht durchführt, kam es zu einer Ausschreibung der Arbeiten. Dabei kam ein Anbieter zum Zug, der noch einmal mehrere Tage brauchte, bis die notwendigen Schwimmkräne vor Ort einsetzbar sind. "Dieses Verfahren ist zu riskant für Mensch und Natur", so Rösner. Auch bei der "Pallas", die sieben Jahre zuvor vor Amrum auf Grund lief, sei es zu unverantwortlichen Verzögerungen gekommen. "In solchen Fällen muss sofort gehandelt werden."
Um bei Schiffsunglücken entschlossen und schnell handeln zu können, wurde vor drei Jahren als Folge der Pallas-Havarie das Havariekommando gegründet. Doch fünf Tage nach der Havarie in der Elbe sind nach Auffassung des WWF viele Fragen entstanden:
- Warum war die Unglückstelle mehr als eine Stunde nach der Kollision nicht ausreichend abgesichert, so dass eine weitere Kollision möglich wurde?
- Warum trieb das Wrack der "Maritime Lady" nach einem Bericht derSchifffahrts-Zeitung vom 7.12. nach der Kollision mehrere Stunden"mehr oder weniger unkontrolliert mit der Ebbe elbabwärts"?
- Warum wurde nach einem Bericht der Schifffahrts-Zeitung vom 8.12. ein unmittelbar nach der Kollision an der Unfallstelle eingetroffenerSchlepper, der der Revierzentrale seine Hilfe anbot, nicht zurWracksicherung eingesetzt, sondern erst zwei Stunden später ein ausCuxhaven eingetroffener Schlepper?
- Warum wurden nicht sofort nach der Kollision Gespräche mit geeigneten Firmen geführt und ein Bergungsauftrag vergeben?
- Warum bestehen auch drei Jahre nach der Gründung desHavariekommandos keine Rahmenverträge mit Bergungsfirmen, um in solchen Fällen sofort handeln zu können?
- Welche alternativen Bergungskonzepte hätten einen zügigeren Arbeitsbeginn ermöglicht?
- Wie hat das Havariekommando sichergestellt, dass das Wrack auf umweltverträgliche Weise geborgen wird und Ölaustritte dabei vermieden werden?
Das Unglück auf der Elbe sei vergleichbar mit dem des Autotransporters "Tricolor", der am 14.12.2002 im Ärmelkanal nach einer Kollision im dichtem Nebel sank. Am 16.12.2002 rammte ein deutscher Frachter und am 5.1.2003 ein mit 70.000 Tonnen Diesel
beladener Tanker dieses Wrack. Spätestens danach hätte man ein Fachkonzept für ähnliche Fälle in Deutschland vorbereiten müssen.
Der WWF fordert eine umfassende Aufklärung der Vorfälle um die Bergung der "Maritime Lady". "Das Havariekommando hat für seine Aufgabe, Mensch und Natur zu schützen, weitreichende Entscheidungsbefugnisse erhalten. Es muss geprüft werden, ob es diese
auch ausreichend genutzt hat oder ob weitere Verbesserungen vorgenommen werden müssen", so WWF-Sprecher Rösner.
Quelle: Pressemitteilung WWF