Münster: Landgericht verurteilt falsche Vogelzüchter zu 2 Jahren Haft
Archivmeldung vom 23.03.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVor dem Landgericht Münster sind gestern zwei Vogelhändler aus Metelen (NRW) wegen illegalem Handel mit aus der Natur entnommenen Vögeln zu je zwei Jahren Haft auf Bewährung und zur Zahlung der Verfahrenskosten in Höhe von 95.000 Euro verurteilt worden. Zusätzlich wurden beiden Angeklagten jeweils 250 Stunden gemeinnütziger Arbeit auferlegt. Die 9. Große Strafkammer sah es als erwiesen an, dass die beiden 59 und 63 Jahre alten Angeklagten jahrelang gefangene Wildvögel als eigene Zuchterfolge deklariert und anschließend mit hohen Gewinnen im Internet verkauft haben.
Das Bonner Komitee gegen den Vogelmord, das gegen beide Männer Anzeige erstattet hatte, begrüßte das Urteil und sprach von einem "riesigen Schaden", den die beiden selbsternannten Züchter in der Natur angerichtet haben. Zum Verhängnis wurde ihnen eine Razzia des Landeskriminalamtes, bei der im August 2007 insgesamt 270 geschützte Vögel auf dem Grundstück von einem der beiden Angeklagten beschlagnahmt wurden. Weiterhin wurden zahlreiche Karten mit Brutplätzen seltener Vogelarten, Fangnetze sowie mobile Brutschränke gefunden.
Wie Komiteesprecher Axel Hirschfeld mitteilt, sind die beiden Männer in ganz Europa unterwegs gewesen, um die Nester seltener Arten zu plündern. Unter anderem soll das Duo Eier und Jungvögel in Spanien, Griechenland, Norwegen, Österreich sowie an der deutschen Nord- und Ostseeküste entnommen haben. Zudem gibt es Hinweise, dass auch Vogelschutzgebiete in Ungarn und dem Münsterland zwecks Eierklau von den beiden Beschuldigten aufgesucht wurden. "Um die Eier und Jungvögel unbemerkt nach Metelen zu schmuggeln, wurden speziell umgebaute Fahrzeuge benutzt, in denen versteckt eingebaute Brutmaschinen installiert waren", so Hirschfeld weiter
Staatsanwalt Björn Ohström hob in seinem Schlussvortrag die gehobene Stellung der beiden Männer im "Nesträuber-System" in Deutschland hervor. Der vorsitzende Richter sprach in der Urteilsbegründung von "mafiösen Strukturen". Die illegal aus der Natur entnommenen Tiere wurden laut Komitee von den Tätern hauptsächlich auf der Internetplattform "Vogelnetzwerk.de" als Nachzuchten angeboten. Unter anderem handelte es sich dabei um Seeschwalben, Kampfläufer, Brachvögel, Regenpfeifer, Strandläufer, Kiebitze, Schnepfen und Odinshühnchen. Wie ein vom Gericht bestellter Gutachter feststellte, handelte es sich dabei zum großen Teil um Wildfänge, die von den Angeklagten mit gefälschten Züchterringen und Papieren ausgestattet und für bis zu 400 Euro pro Vögel verkauft wurden.
"Dieser Prozess hat gezeigt, dass ein Teil der Vogelsammler-Szene in Deutschland mit hochkriminellen Methoden arbeitet, um an Nachschub für ihre egoistische Leidenschaft zu gelangen", so Hirschfeld. Der Vogelschützer fordert deshalb strengere Kontrollen von Züchtern durch die Behörden. Der für die Kontrolle der Zucht in Metelen zuständigen Kreisverwaltung und den Betreibern von "Vogelnetzwerk.de", wirft das Komitee völliges Versagen vor. "Angesichts der Seltenheit der verkauften Tiere und der Vielzahl der Nachzuchten hätte man viel früher misstrauisch werden müssen". Auslöser für den heute zu Ende gegangenen Prozess waren Anzeigen von Vogelschützern, die sich über die unglaublichen Zuchterfolge der beiden Metelener wunderten. Die hatten im Prozess bis zuletzt behauptet, alle Vögel selber gezüchtet zu haben. Erst am neunten Verhandlungstag brachen sie unter der Last der Beweise zusammen und legten ein umfangreiches Geständnis ab.
Quelle: Komitee gegen den Vogelmord e. V. (ots)