Hirnforscher Logothetis beklagt mangelnde Wissenschaftsfreiheit
Archivmeldung vom 02.03.2020
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Freigeschaltet durch André OttDer Tübinger Hirnforscher Nikos Logothetis wird noch in diesem Jahr Deutschland verlassen und seine Forschung auf einem neu errichteten Campus in Shanghai fortsetzen. Logothetis war in Deutschland wegen seiner Experimente an Affen scharf angegriffen worden.
"Was mir widerfahren ist, nenne ich einen eklatanten Verstoß gegen die Freiheit der Wissenschaft, der möglich geworden ist durch einen populistischen Zeitgeist", sagte der Direktor des Max-Planck-Instituts für biologische Kybernetik der "Welt am Sonntag". Es mache ihn "sehr pessimistisch, wie hierzulande Leute Gehör finden, die von einer Sache keine Ahnung haben. Besonders die Zukunft der biologischen Grundlagenforschung sehe ich in Deutschland in Gefahr." Zu den Vorwürfen der Tierschützer zum Umgang mit Versuchstieren in Tübingen sagte Logothetis: "Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Im Gegenteil: Ich bin stolz darauf, wie sehr ich mich für das Wohl der Tiere eingesetzt habe."
Logothetis bekräftigte, dass er gern in Deutschland weiterarbeiten würde. "Die MPG (Anm.: Max-Planck-Gesellschaft) spricht angesichts meines Weggangs von einer Win-win-Situation. Die Wahrheit ist aber, dass Deutschland eine weltweit einmalige Technologie verliert. Und glauben Sie mir, ich fühle mich hier sehr zu Hause und würde weiß Gott nicht nach China gehen, wenn ich meine Forschung in Deutschland weiterführen könnte." An seinem neuen Institut in China wolle man "mit genveränderten Affen experimentieren, um diverse neurologische Erkrankungen besser zu verstehen", sagte Logothetis. Das Institut in Shanghai ist zehnmal größer als das in Tübingen, statt mit 40 Affen wird hier mit 600 gearbeitet, 50 Professoren stehen Logothetis zur Seite, sowie 1.000 Mitarbeiter.
Quelle: dts Nachrichtenagentur