Auch dezentral ist katastrophal
Archivmeldung vom 31.01.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittHeute beginnt vor dem Oberverwaltungsgericht Schleswig die mündliche Verhandlung zweier Klagen gegen die atomaren Zwischenlager an den Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel in Schleswig-Holstein.
Zwei Anwohnerinnen fechten die Genehmigungen für die beiden Leichtbauhallen an, weil sie keinen ausreichenden Schutz der Bevölkerung vor dem gefährlichen Strahlenmüll sicher stellen. ROBIN WOOD sieht die Klagen als berechtigt an und fordert eine Rücknahme der Betriebsgenehmigungen.
Die beiden Klägerinnen - Anke Dreckmann aus Brunsbüttel und Bettina Boll aus Geesthacht - werden dem Oberverwaltungsgericht unter anderem ein Gutachten vorstellen. Es belegt, dass das Risiko eines Flugzeugabsturzes auf das Zwischenlager oder der Beschuss der CASTOR-Behälter - zum Beispiel mit einer Panzerfaust -- in der Genehmigung für die Errichtung der Zwischenlager nicht genügend berücksichtigt wurde. Durch solche Vorkommnisse könnte es aber zu einer weiträumigen radioaktiven Verstrahlung kommen.
Die Hamburgischen Elektrizitätswerke HEW -- heute Vattenfall - hatten Ende 1999 Anträge zur Errichtung und zum Betrieb der beiden Zwischenlager gestellt. Dagegen gab es insgesamt 8.000 Einwendungen.
Seit 2006 sind beide Zwischenlager im Betrieb. ROBIN WOOD hatte in seinen Einwendungen insbesondere die Billigbauweise und die überdimensionierte Größe der Lagerhallen kritisiert:
· Die Lagerhallen haben zur Kühlung der CASTOR-Behälter offene Lüftungsschlitze. Sollte es zur Freisetzung radioaktiver Partikel aus den Behältern kommen, könnten diese ungehindert in die Umgebung gelangen. Filteranlagen sind nicht eingebaut worden -- im Vertrauen darauf, dass die eingelagerten Behälter dicht halten werden. Der Langzeitsicherheitsnachweis für die Behälter wurde jedoch nur rechnerisch ermittelt, Praxistests über einen Zeitraum von 40 Jahren gibt es nicht.
· Das Reparatur-Konzept ist unzureichend. Bei Versagen eines Primärdeckels würden die erforderlichen Reparaturmöglichkeiten in der Lagerhalle fehlen. Auf den Einbau einer so genannten "heißen Zelle" wurde aus Kostengründen verzichtet.
· Die Lagerhallen sind überdimensioniert. Für das Zwischenlager am AKW Brunsbüttel wurde eine Schwermetallmasse von 450 Mg (Megagramm) genehmigt, obwohl bis zur Abschaltung -- wie im Atomgesetz geregelt -- laut Bundesumweltministerium voraussichtlich "nur" 255 Mg anfallen würden. Für das Zwischenlager am AKW Krümmel sieht es ähnlich aus.
"Die Lagerhallen sind für möglichst kleines Geld gebaut worden", so Bettina Dannheim, Energiereferentin von ROBIN WOOD. "Der Schutz vor radioaktiver Strahlung reicht nur so weit, dass er für Vattenfall & Co. finanziell nicht allzu sehr ins Gewicht fällt. Die Größe der Lagerhallen eröffnet den Betreibern dagegen alle Möglichkeiten. Sie haben von vornherein eingeplant, den Atomkonsens zu knacken und Brunsbüttel länger als gesetzlich vorgesehen am Netz zu lassen."
ROBIN WOOD fordert den sofortigen Stopp der Atommüllproduktion. Der weitere Betrieb der Atomkraftwerke stellt ein unkalkulierbares Risiko für Mensch und Umwelt dar. Das Bundesumweltministerium muss endlich die Suche nach einem geeigneten Endlagerstandort für den gefährlichen Atommüll auf den Weg bringen, Gorleben taugt dafür nicht.
Die Klage gegen die Zwischenlager an den AKW-Standorten Brunsbüttel und Krümmel begann heute, am 31.1.07 um 9:30 Uhr im Saal sechs des Oberverwaltungsgerichts Schleswig, Brockdorff-Rantzau-Str. 13. Angesetzt sind zwei Verhandlungstage.
Quelle: Pressemitteilung ROBIN WOOD