Delfin-Einfuhrverbot für Deutschland?
Archivmeldung vom 06.12.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Welt am Sonntag berichtete in ihrer letzten Ausgabe über den „Streit der Delfine im Nürnberger Zoo“. Seit Monaten schlagen dort die Wogen wegen des beabsichtigten Erweiterungsbaus für das Delfinarium hoch. Jetzt haben die Nürnberger Stadtratsfraktionen das 24-Millionen-Euro Projekt im Haushalt verabschiedet.
Die Nürnberger Bevölkerung sieht das umstrittene Objekt bei einer Gesamtverschuldung von 1,7 Milliarden Euro mit gemischten Gefühlen. Wissenschaftler, wie Karsten Brensing von der Walschutzorganisation WDCS, lehnen die Gefangenschaft der Delfine und die geplante Delfintherapie aus Artenschutzgründen und wegen mangelnder Therapieerfolge ab. Seit Bestehen des Delfinariums in 1971 starben in Nürnberg 34 Delfine, davon alleine sieben Kälber in den letzten drei Jahren. Die mangelnde Nachzucht macht das geplante neue Delfinarium sehr fraglich, zumal Importgenehmigungen für Delfine aus freier Wildbahn nur sehr schwierig zu bekommen sind. Das scheint die Stadtratspolitiker in Nürnberg wenig zu kümmern. Die Möglichkeit einer Klage des Wal- und Delfischutz-Forums (WDSF) lässt allerdings etwas Nervosität aufkommen.
Wal- und Delfinschützer wollen die noch verbleibenden vier von vormals neun Delfinarien in Deutschland nun mit einem bundesweiten Politiker-Appell thematisieren. Auf Initiative von Andreas Morlok, bekannter Walschützer vom Bodensee, mit der Tierrechtsinitiative „Die Delfinbefreier“ aus Nürnberg und dem „Wal- und Delfinschutz-Forum“ (WDSF) mit seinen Vorsitzenden Jürgen Ortmüller und dem Ex-TV-Trainer von Flipper, Richard O’Barry, wenden sie sich in einem offenen Brief an Bundestagsmitglieder und an das Europaparlament, um ein Delfin-Einfuhrverbot in Deutschland zu bewirken.
Im „UNO-Jahr des Delfins“ wollen die Tierschützer die Politiker auffordern, dass sie sich nicht nur fraktionsübergreifend wie bisher gegen den Walfang auf den Weltmeeren aussprechen, sondern auch im eigenen Land Zeichen setzen sollen.
Immerhin werden für einen potenten Delfin z.B. aus japanischen Gewässern bis zu 100.000 Dollar bezahlt. Der Präsident der Dominikanischen Republik, Leonel Fernandez, hatte dem deutschen Betreiber des Vergnügungsparks „Ocean World“, Stefan Meister, erst Anfang November untersagt, 12 Delfine aus Japan zu importieren.
Über 20.000 Delfine werden alljährlich alleine in den Küstengewässern Japans getötet, einer alten Tradition folgend und um einige Tiere auch lebend zu verkaufen, wobei das Delfinfleisch der getöteten Meeressäuger immerhin rund 300 Euro pro Kilo für die Delfinjäger in den Supermärkten und Feinschmecker-Restaurants erwirtschaftet.
Auch der Deutsche Tierschutzbund mit über 800.000 Mitgliedern votiert gegen die Delfinhaltung. In einem Fachgespräch der Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen sprachen sich sämtliche Teilnehmer (Wissenschaftler, Patientenorganisationen, Tierärzteschaft und Tierschützer) einhellig gegen eine weitere Haltung von Delfinen in Gefangenschaft aus.
Am 2. März 2008 finden in Nürnberg die Stadtrats- und Bürgermeisterwahlen statt. Nürnberger Parteien und Institutionen küren das umstrittene Delfinarium bereits jetzt schon zum Wahlkampfthema. Ein Bürgerbegehren der "Delfinbefreier" und ein neu gegründetes Aktionsbündnis gegen die Delfin-Lagune sollen den Wahlkampf begleiten.
In dem Aktionsbündnis "Nein zur Lagune" haben sich die Nürnberger Bürgerliste, Freie Wähler e.V., Die Linke Nürnberg, die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) und der Verein Menschen für Tierrechte Nürnberg e.V. zusammengeschlossen. Es wird für die Stadtratsparteien von CSU, SPD und FDP als Befürworter des Delfinariums voraussichtlich eine schwere Wahl gegen die Tierschützer und vielleicht auch gegen die eigene Bevölkerung.
Quelle: Journal Society GmbH