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Bunte Blätter

Archivmeldung vom 11.10.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.10.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Ein bislang unbekanntes Chlorophyll-Abbauprodukt wurde jetzt in den Blättern des Spitzahorns entdeckt. (c) Wiley-VCH
Ein bislang unbekanntes Chlorophyll-Abbauprodukt wurde jetzt in den Blättern des Spitzahorns entdeckt. (c) Wiley-VCH

Der Herbst steht vor der Tür und die Blätter werden wieder bunt. Verantwortlich für das wundervolle Farbenspiel in Rot, Gelb und Orange ist der Abbau des grünen Blattfarbstoffs Chlorophyll. Bernhard Kräutler und ein Team an der Universität Innsbruck berichten in der Zeitschrift Angewandte Chemie nun von der Entdeckung eines bisher unbekannten Chlorophyll-Abbauproduktes in Spitzahorn-Blättern. Die abweichende räumliche Anordnung seiner Atome spricht für einen Abbauweg, der sich von dem anderer blattabwerfender Bäume unterscheidet.

Während der Sommermonate betreiben grüne Blätter Photosynthese, das Chlorophylls wandelt dabei Sonnenlicht in chemische Energie um. Im Herbst holen sich blattabwerfende Bäume wichtige Nährstoffe, wie Stickstoff und Mineralien, aus ihren Blättern zurück. Dabei wird Chlorophyll aus den Proteinen, in die es normalerweise eingebunden ist, freigesetzt. In dieser freien Form ist es aber phototoxisch, unter Licht kann es dem Baum schaden. Es muss daher durch Abbau „entgiftet“ werden.

„Wesentliche Puzzleteile dieses rätselhaften biologischen Phänomens wurden erst in den letzten beiden Jahrzehnten entdeckt“, berichtet Kräutler. Verschiedene farblose Tetrapyrrole, Moleküle mit einem Gerüst aus vier stickstoffhaltigen Kohlenstoff-Fünfringen, die sich in absterbenden Blättern höherer Pflanzen ansammeln, wurden als wichtige Abbauprodukte des Chlorophylls klassifiziert. Man bezeichnet sie als „nicht-fluoreszierende“ Chlorophyll-Kataboliten (NCCs). Kräutler: „Sie galten bisher als Endprodukte eines gut kontrollierten, „linearen“ und weitgehend einheitlichen Abbauweges.“ Diese Vorstellung gerät nun immer mehr ins Wanken.

Kräutler und seine Kollegen haben sich den Chlorophyllabbau in Spitzahorn angesehen, eines in Eurasien heimischen Laubbaumes. „In gelbgrünen oder gelben Ahornblättern konnten wir keine der typischen Abbauprodukte finden“, so Kräutler. „Stattdessen fanden wir ein so genanntes Dioxobilan als Hauptprodukt, das einem Chlorophyll-Abbauprodukt aus Gerstenblättern ähnelt.“

Es gibt jedoch feine, aber entscheidende Unterschiede in der räumlichen Anordnung der Atome zueinander. Ausgehend von den NCCs lässt sich kein plausibler Abbauweg zu dem neu entdeckten Abbauprodukt finden. „Offenbar gibt es in Spitzahornblättern einen Chlorophyll-Abbauweg, der sich von allen bisher bekannten unterscheidet.“

Die Struktur des neu entdeckten Dioxobilans erinnert an Gallenpigmente, die als Produkte des Hämabbaus sowohl wichtige Komponenten des Metabolismus in Säugetieren sind, wie auch als Lichtsensoren in Pflanzen. „Dies unterstreicht die Vermutung, dass der Chlorophyllabbau nicht nur ein Entgiftungsprozess ist, sondern dass die entstehenden Abbauprodukte eine physiologische Rolle haben könnten“, so Kräutler. „In den Schalen reifender Früchte könnten Chlorophyllabbauprodukte etwa als Antioxidantien wirken und die Früchte länger haltbar machen. Welche Rolle ihnen in Blättern zukommt, muss noch geklärt werden.“

Quelle: Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

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