Hans-Jürgen Papier stoppt AKW-Verlängerungsträume der Bundesregierung
Archivmeldung vom 02.06.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Bundesregierung kann ihre Pläne zur Verlängerung der Laufzeiten alternder Atomkraftwerke nicht weiter verfolgen. Das ist nach Überzeugung der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) die zwingende Konsequenz aus einer "Rechtsgutachtlichen Stellungnahme", die der erst im vergangenen Monat aus dem Amt geschiedene bisherige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, im Auftrag von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) abgegeben hat.
Papier kommt in seiner Expertise zu dem Ergebnis, dass eine Verlängerung der Laufzeiten nur mit Zustimmung des Bundesrats erfolgen kann, weil es sich dabei "nicht nur um eine marginale, sondern wesentliche, vollzugsfähige und vollzugsbedürftige Änderung des bestehenden Atomrechts" handelt. Diese sei nach Artikel 87 c des Grundgesetzes "zustimmungsbedürftig".
"Die Bundesregierung hat mit Herrn Professor Papier zur Absicherung ihrer Atompläne die höchste verfügbare Autorität in Anspruch genommen und eine klare Antwort erhalten: Ohne eigene Mehrheit im Bundesrat kann es längere Laufzeiten von Atomkraftwerken nicht geben", erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Er forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, jetzt die Konsequenzen zu ziehen und die bisherige gefährliche und rückwärtsgewandte Atompolitik der schwarz-gelben Bundesregierung zu beenden: "Hören Sie auf die Energiezukunft zu blockieren, fühlen Sie sich nicht länger vier großen Konzernen stärker verpflichtet als der klaren Mehrheit der Bevölkerung. Die Menschen bringen derzeit in allen Umfragen, bei hunderten von Veranstaltungen und Demonstrationen immer wieder ihren Wunsch zum Ausdruck, die eingeleitete Energiewende auf Basis von Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien entschlossen fortzusetzen. Nutzen sie diesen Rückenwind!, appellierte Baake an die Kanzlerin.
Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts kommt in seiner 12-seitigen Stellungnahme für das Bundesumweltministerium vom 27. Mai, die der DUH vorliegt, zu dem Ergebnis, dass praktisch jede wesentliche Gesetzesänderung im Rahmen der im Atomrecht geltenden speziellen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern ("Bundesauftragsverwaltung") zwingend die "Zustimmungspflichtigkeit" der Länderkammer auslöst. Papier geht deshalb auch davon aus, dass "wohl auch" das ursprüngliche Atomausstiegsgesetz der rot-grünen Bundesregierung aus dem Jahr 2002, im Bundesrat zustimmungsbedürftig gewesen wäre.
Darauf kommt es jedoch nach Überzeugung der DUH heute, im Jahr 2010, nicht mehr an. Im Übrigen hat der Bundesrat seinerzeit auf seine Einspruchsrechte mehrheitlich verzichtet. Dieser Verzicht ist gemäß Artikel 78 des Grundgesetzes als Zustimmung zu werten.
Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V.