Bayer-Monsanto-Deal – Experte: „Es geht vorrangig nicht um Gentechnik“
Archivmeldung vom 17.09.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn dem Monsanto-Bayer-Deal, dem der bislang größten Übernahme durch einen deutschen Konzern im Ausland, sehen Kritiker darin Risiken für Verbraucher und Umwelt. Christof Potthof vom gen-ethischen Netzwerk meint in dem Zusammenhang, wie die deutsche Ausgabe des russischen online Magazins "Sputnik" schreibt, dass die Zukunft der Ernährung nicht bei der Gentechnik liege.
Weiter heißt es auf der Webseite: "Der Experte für Gentechnik in Landwirtschaft und Lebensmitteln, Christof Potthof, tut sich im Moment schwer damit, auf Gefühlsebene zu akzeptieren, dass jetzt Monsanto vor unserer Haustür stehen könnte beziehungsweise seinen Hauptsitz in Deutschland hat. Viele Leute würden sagen, der Konzern habe seine besten Jahre schon gesehen. Potthof fragt sich also — was will Bayer mit Monsanto? Seine spontane Reaktion auf diese Frage wäre im Moment, dass es gar nicht vorrangig um Gentechnik geht:
„Es gibt bestimmt Bereiche im Pestizid-Geschäft, die bei Monsanto lukrativ sind, aber ich glaube, das große Pfund, mit dem man auch wuchern kann, das sind die genetischen Ressourcen beim Saatgut“, äußert er in einem Gespräch mit Sputnik-Korrespondent Bolle Selke. „Monsanto hat viele dutzende Saatgutfirmen in den letzten Jahren weltweit zusammen gekauft und in den eigenen Konzern integriert. Das nutzt der Konzern natürlich auch, um gentechnisch veränderte Sorten durchzusetzen. Eine gentechnisch veränderte Pflanze besteht aber nicht nur aus Gentechnik, sondern das Wesentliche ist die genetische Basis.“
Potthof, der auch im Board des europäischen Netzwerks von Nichtregierungsorganisationen, die zur Gentechnik arbeiten (GENET), sitzt, erläutert, dass diese Basis von irgendwelchen Züchterinnen und Züchtern in den letzten hunderten oder tausenden Jahren entwickelt wurde. Diese nicht-gentechnisch veränderte genetische Ressource einer Pflanze sei das A und O. Potthof glaubt, dass dies das Wesentliche bei dem Geschäft in Bezug auf die Landwirtschaft sei. Bei der Gentechnik sei Monsanto natürlich Weltmarktführer, aber die Pflanzen würden überall Ärger machen. Deshalb glaubt der Biologe, das Hauptaugenmerk sollte man auf das nicht technisch veränderte Saatgut legen und da habe Monsanto einen Riesenberg an Sortenrechten:
„Das haben die zusammengekauft und das ist natürlich ein Pfund, mit dem Bayer dann auch global agieren kann. Das ist auch grundsätzlich ein Skandal, dass da überhaupt die Sortenrechte über die letzten Jahrzehnte so stark geworden sind, dass wir tatsächlich von Monopolisierung auch von konventionellen Sorten sprechen müssen."
Bis 2050 müssen laut Bayer drei Milliarden Menschen zusätzlich ernährt werden. Gleichzeitig müsse man die Folgen der Klimaerwärmung auf die Landwirtschaft in den Griff bekommen. Das würde ohne Crop Science nie gelingen. Christof Potthof wiederspricht dieser Sichtweise. Er schaue da normalerweise als erstes zu den Entwicklungsorganisationen oder in Richtung der Welternährungsorganisation FHO unter dem Dach der Vereinten Nationen:
„Ich gucke mir an, was deren vorrangige Ziele beziehungsweise Strategien sind. Da sehe ich nicht diese "techno-fix"-Lösungen, sondern da sehe ich eher politische, strukturelle Lösungen. Es geht eher um Zugang zu Saatgut. Es geht eher darum, dass Menschen, die auf dem Land leben, auch Zugang zu Land haben, um tatsächlich selbst produzieren zu können und sich dadurch auch selbst versorgen zu können. Dieser globale Massenmarkt, der wirklich weltweit im Grunde die pflanzlichen Rohstoffe auf extreme Rohstoffbasis zurückschraubt, das ist nicht das, was letztendlich zur Welternährung beiträgt. Welternährung wird durch lokale Produktion und lokale Märkte erreicht — und die müssen entwickelt und unterstützt werden."
Die beiden Konzerne Monsanto und Bayer hatten diese Woche eine bindende Fusionsvereinbarung unterzeichnet. Die Bayer AG wird 66 Milliarden Dollar (umgerechnet etwa 128 Dollar pro Aktie) für das US-Unternehmen zahlen. Die Kartellbehörden müssen dem Mega-Deal noch zustimmen."
Quelle: Sputnik (Deutschland)