Neue Art des Spinnenwasserkäfers entdeckt
Archivmeldung vom 31.10.2011
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDurch molekulargenetische Methoden konnten bisher unbekannte Larvenstadien und eine seltene neue Art aus der Gattung der kuriosen Spinnenwasserkäfer entdeckt und wissenschaftlich beschrieben werden. Diese biologisch-systematische Studie ist Grundlage für die Entwicklung eines biologischen Indikatorsystems zur Bewertung der Wasserqualität in den Tropen. Die Arbeit im Rahmen des AQUA Palawana Forschungsprogrammes auf den Philippinen wurde jetzt von Wissenschaftlern aus Dresden und München in der Fachzeitschrift Zookeys veröffentlicht.
Seit über einem Jahrzehnt wird durch das Forschungsprogramm „AQUA Palawana” die einzigartige biologische Vielfalt der Süßwasserfauna im Biosphärenreservat der philippinischen Provinz Palawan erforscht. Forscher vom Senckenberg Museum für Tierkunde Dresden und der Zoologischen Staatssammlung München haben jetzt eine seltene unbekannte Art und erstmals Larvenstadien der ungewöhnlichen Spinnenwasserkäfer aus diesem sogenannten „Biodiversitäts-Hotspot“ wissenschaftlich beschrieben. Die Studie wurde in Kooperation mit dem Palawan Council for Sustainable Development und der De La Salle Universität Manila durchgeführt.
Die Biologen Hendrik Freitag und Michael Balke verglichen dabei mitochondriale DNA der Organismen, die sich während der Entwicklung vom Ei zum Käfer nicht verändert, während die verschiedenen Entwicklungsstadien äußerlich keinerlei Ähnlichkeit aufweisen, wie bei allen holometabolen Insekten. Diese Methode erwies sich als einfache Möglichkeit, larvale und adulte Stadien der selben Art eindeutig zuzuordnen.
Die untersuchten Insekten aus der Gattung Ancyronyx haben außergewöhnlich lange Beine, oft in Kombination mit auffälligen kreuzartigen Mustern auf den Flügeldecken und erinnern daher spontan an Spinnen. Tatsächlich handelt es sich jedoch um Klauenkäfer (Elmidae), die sich permanent in strömendem Wasser aufhalten und durch ihr Plastron – eine durch mikroskopisch-kleine Strukturen vergrößerte Oberfläche – aus dem Wasser lebenswichtigen Sauerstoff aufnehmen. Sie reagieren generell sehr empfindlich auf Wasserverschmutzung und eignen sich daher als Indikatorarten für die biologische Gewässergütebewertung. Die Wissenschaftler wollen mit ihrer Arbeit Grundlagen schaffen, die mittelfristig eine Etablierung von Gewässerbewertungssystemen in den Tropen ermöglicht, wie sie in Mitteleuropa längst Standard sind.
Die Forschungsergebnisse legen weiterhin nahe, dass die südostasiatische Inselregion das Zentrum der Artenvielfalt dieser Tiergattung darstellt. Zehn der derzeit bekannten 18 Arten kommen ausschließlich auf den Philippinen vor, und sind teilweise sogar auf einzelnen Inseln endemisch.
Die neu beschriebene Klauenkäfer-Art Ancyronyx punkti aus Palawan – so benannt nach dem im Umweltschutz engagierten Verein „punkt e.V.“ – wurde kürzlich von der Initiative „BIOnet International“ für eine Kampagne ausgewählt. Auf der Nagoya-Konferenz 2010 zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt wurde dabei auf die gesellschaftliche Relevanz taxonomischer Grundlagenforschung aufmerksam gemacht.
Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen