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Eisfische - Fische ohne Blut?

Archivmeldung vom 19.12.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.12.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Der Bändereisfisch (Champsocephalus gunnari). Foto: BFAFi Hamburg
Der Bändereisfisch (Champsocephalus gunnari). Foto: BFAFi Hamburg

Im Wissenschaftsmagazin ForschungsReport berichtet der Fischereibiologe und Antarktisexperte Dr. Karl-Hermann Kock von der Bundesforschungsanstalt für Fischerei in Hamburg über eine äußerst ungewöhnliche Fischfamilie. Den Vertretern dieser Gruppe fehlen die roten Blutkörperchen, sodass sie eigentlich gar nicht überleben könnten.

Junges Exemplaar des Eisfisches Cryodraco antarcticus. Foto: BFAFi Hamburg
Junges Exemplaar des Eisfisches Cryodraco antarcticus. Foto: BFAFi Hamburg

Bei Wirbeltieren nehmen die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) Sauerstoff in der Lunge oder den Kiemen auf und transportieren ihn in das Körpergewebe. Ohne Sauerstoff käme der Stoffwechsel in den Zellen zum Erliegen und der Organismus würde sterben. Doch in der Biologie gibt es keine Regel ohne Ausnahme. Eisfische zum Beispiel, eine kleine, aber hochinteressante Fischfamilie mit nur 15 Arten, haben so gut wie keine Erythrozyten im Blut. Wie und warum sie dennoch überleben können, ist erst einige Jahrzehnte bekannt.

Es begann vor rund achtzig Jahren auf einer Walfangstation im Südatlantik. Dort hört der norwegische Biologe Johann Ruud Gerüchte über Fische ohne Blut, die in den antarktischen Gewässern leben sollen. Erst mehr als zwei Dekaden später, 1953, kann er die ersten lebenden Eisfische fangen. Das Blut der Tiere war durchsichtig und Ruud erkennt, dass dies an dem nahezu vollständigen Fehlen von roten Blutkörperchen und Hämoglobin liegt.

Dass die Fische dennoch überleben können, liegt an mehreren physiologischen Besonderheiten. So haben sie eine größere Pumpleistung des Herzens und eine stärkere Hautatmung. Zudem kommen Eisfische nur in kalten antarktischen Gewässern vor, wo die Stoffwechselleistung von wechselwarmen Tieren verringert ist.

Eisfische konnten sich an die Lebensverhältnisse so gut anpassen, dass sie in relativ großen Beständen auftraten. Da sie sich außerdem gut als Speisefisch eigneten, gerieten sie Ende der 60er Jahre in das Visier großer Fangflotten. Vor allem Trawler aus der Sowjetunion und anderen Ostblockstaaten wie Polen und der DDR holten an manchen Jahren über 100.000 Tonnen Eisfisch aus dem antarktischen Meer. Ab Mitte der 70er Jahre fanden sich Eisfische zum Beispiel regelmäßig in den Fischläden der DDR. Doch die Bestände hielten dem hohen Fischereidruck nicht lange stand.

Wissenschaftler der Bundesforschungsanstalt für Fischerei kamen das erste Mal 1975/76 während einer Antarktisexpedition mit Eisfischen in Kontakt. Aus Sorge um die Übernutzung der empfindlichen antarktischen Ökosysteme unterzeichneten mehrere Staaten, darunter die Bundesrepublik, 1982 das "Übereinkommen zum Schutz der lebenden Meeresschätze der Antarktis" (CCAMLR). Deutsche Fischereiforscher leisten hier wichtige Beiträge, etwa zu Höchstfangmengen-Regelungen oder zur Bekämpfung der illegalen Fischerei. Auch zurzeit ist Karl-Hermann Kock mit dem Forschungsschiff Polarstern wieder in der Antarktis. Auf der Forschungsfahrt wird unter anderem der Erholungsstatus der dortigen Fischbestände überprüft.

Mehr über die Biologie der rätselhaften Eisfische, über die Entwicklung ihrer Bestände und die Bemühungen zum Schutz der antarktischen Meeresschätze berichtet Karl-Hermann Kock in dem Artikel "Eisfische - Fische ohne Blut?". Der Beitrag ist in der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins ForschungsReport (2/2006) erschienen.

Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.

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