1000 neue Arten wissenschaftlich beschrieben
Archivmeldung vom 24.02.2015
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtWährend sich das Interesse der Öffentlichkeit zunehmend auf mögliches Leben außerhalb unseres Planeten richtet, ist die Artenvielfalt auf unserem Planeten erst zu einem Bruchteil bekannt. Aktuellen Schätzungen zufolge existieren weltweit wohl über 8 Millionen Arten von Lebewesen. Davon sind bisher weniger als 2 Millionen wissenschaftlich bekannt und beschrieben.
Sechs Wissenschaftler der Abteilung Arthropoda (Gliedertiere) am Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig – Leibniz-Institut für Biodiversität der Tiere in Bonn leisten ihren Beitrag, diese Lücke zu füllen und haben in den letzten zehn Jahren über tausend neue Arten beschrieben. Die aus aller Welt stammenden Arten umfassen vor allem Maikäfer, Zitterspinnen, Tausendfüßer, Schwebfliegen und Spanner-Schmetterlinge. Während zahlreiche Arten von den Wissenschaftlern selbst auf Expeditionen gesammelt wurden, stammen andere aus den Sammlungen des Museums in Bonn oder anderer Museen.
In diesen „Schatztruhen“ warten die Arten nicht selten Jahrzehnte auf ihre Beschreibung. Der Prozess, eine Art als neu zu erkennen und wissenschaftlich zu beschreiben dauert oft lange und ist mit der akribischen Suche eines Kriminalisten zu vergleichen. Es muss sichergestellt werden, dass die Art sich tatsächlich von allen ähnlichen, bereits beschriebenen Arten unterscheidet. Im Zweifelsfall zeigt nur der Vergleich mit den Exemplaren, die ursprünglich für die Beschreibung der fraglichen Arten verwendet wurden, den sogenannten Typusexemplaren, ob es sich um eine bereits bekannte oder tatsächlich um eine neue Art handelt.
Gerade deswegen haben wissenschaftliche Einrichtungen wie das Museum Koenig eine wichtige Rolle als Archive der Biodiversität in Raum und Zeit.
Aufgrund der Umweltzerstörung verschwinden Arten in neuerer Zeit schneller als in den Millionen Jahren zuvor. Taxonomen oder Artenkenner befinden sich in einem Wettlauf mit der Zeit möglichst viele Arten zu beschreiben und zu dokumentieren bevor ein Teil dieser Vielfalt verschwindet.
Dabei sind nicht nur Arten, sondern auch Taxonomen im Aussterben begriffen. Für viele Tiergruppen mangelt es zunehmend an Artenkennern, und damit an Forschern, die das Fundament liefern für die Biologie und für verwandte Disziplinen. Natur- und Umweltschutz sind ebenso auf die Ergebnisse der Taxonomie angewiesen wie die Landwirtschaft, Teile der Medizin und die Evolutionsforschung. Die Vernachlässigung der taxonomischen Ausbildung an den Universitäten sowie fehlende Arbeitsstellen und unzureichende finanzielle Unterstützung sind nur drei von vielen Gründen für den Mangel an Taxonomen.
Gemeinsam mit Kollegen weltweit versuchen die Bonner Taxonomen hier gegenzusteuern. Traditionelle Ansätze der Erforschung unentdeckter Tierarten werden zunehmend mit moderner Technologie kombiniert. In einem integrativen Ansatz werden morphologische und molekulare Daten erhoben, die gemeinsam zur Charakterisierung von Arten verwendet werden. Zum Beispiel versuchen die Bonner Forscher durch die Nutzung der genetischen Fingerabdrücke jeder einzelnen Art die Bestimmung und Entdeckung zu beschleunigen. Die nächsten tausend Arten sollen nicht mehr zehn Jahre brauchen.
Quelle: Stiftung Zoologisches Forschungsmuseum Alexander Koenig, Leibniz-Institut für Biodiversität der Tiere (idw)