Beim Lärmschutz auf dem Meer besteht in Dänemark und Deutschland erheblicher Nachholbedarf
Archivmeldung vom 30.05.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMitte Mai begannen die Bauarbeiten für den dänischen Windpark „Horns Rev 2“ westlich von Blåvands Huk. Was der Umwelt nutzen soll, schadet Meeressäugern wie dem Schweinswal, stellen die Umweltorganisationen GRD, GSM und NABU fest: Rammen, die die 91 Fundamentpfähle der Anlagen in den Boden treiben sollen, erzeugen erheblichen Lärm.
Unter Wasser werden Schalldrücke von bis zu 235 dB erreicht. Der Zeitpunkt für die Arbeiten ist denkbar ungünstig gewählt – für Schweinswale steht die Geburt ihrer Jungen unmittelbar bevor. Auch die Bundesrepublik verzichtet häufig auf technisch möglichen Schallschutz auf See.
Durch das Rammen der Fundamente vor Blåvands Huk wird die Schweinswal-Kinderstube über die gesamte Fortpflanzungszeit in einen „Technobunker“ verwandelt. Welche Auswirkungen die monatelangen Rammarbeiten haben, ist trotz Umweltverträglichkeitsstudien unbekannt. GRD, GSM und NABU befürchten in dieser empfindlichen Zeit erhebliche Störwirkungen. Die 9. UN-Naturschutzkonferenz (CBD) bedauert wortreich den anhaltenden Verlust der globalen Artenvielfalt - die Weltgemeinschaft wird auf wirkungsvolle Maßnahmen gegen den Klimawandel eingeschworen. „Unsere Meere verkommen dabei zusehends zu lauten Industriegebieten. Es ist eine Farce, wenn der Bau der als klimafreundlich geltenden Offshore-Windenergieanlagen nun die Kinderstube der Schweinswale verwüstet“, stellt Petra Deimer von der GSM fest.
Für die Nordsee-Schweinswale steht die Fortpflanzungszeit unmittelbar bevor: In einem grenzüberschreitenden Bereich, der sich westlich des dänischen Wattenmeeres und der Inseln Sylt und Amrum bis etwa 100 km ins Meer erstreckt, kommen sie in dieser Zeit in besonders hoher Dichte vor. Hier liegt nach Erkenntnissen von Wissenschaftlern auch deren wichtigste Kinderstube. Der dringend notwendige Schutz dieser gefährdeten Meeressäugetiere fußt jedoch auf wenigen Schutzgebieten, die aber den Kleinwalen keine ausreichende Sicherheit bieten: Für Schweinswale lebensgefährliche Stellnetze, der Abbau von Kies, seismische Untersuchungen, aber auch der Bau von Windparks gefährden selbst hier wie im übrigen Meer die Meeressäuger.
NABU, GSM und GRD fordern, wirksame Schallschutzmaßnahmen beim Bau aller Offshore-Installationen zu nutzen. Gerade für die Errichtung der Fundamentpfähle sind diese bereits erprobt und wirksam. Aus Kostengründen wollen jedoch viele Windparkbetreiber auf deren Einsatz verzichten. „Mit Blasenvorhängen oder schallisolierten Stülprohren lässt sich aber eine Reduzierung der Gefährdungsfläche auf ein Hundertstel erreichen“, erklärt NABU-Landesvorsitzender Hermann Schultz. „Entsprechend muss der Einsatz vom Bund zwingend vorgeschrieben werden.“
Denn in der Bundesrepublik sieht es beim Schallschutz nicht deutlich besser aus. Hier wird der Startschuss zum Offshore - Windenergieboom in diesem Jahr gegeben. Vor Sylt soll die Forschungsplattform „FINO 3“ und vor Borkum das Offshore Testfeld „alpha ventus“ mit 12 Windenergieanlagen gebaut werden – ohne effektiven Schallschutz. Insgesamt sind in der Nordsee 16 und in der Ostsee drei weitere bereits genehmigte Windparks mit je 80 Anlagen geplant. Hinzu kommen noch Windparks in Küstennähe, die durch die Landesbehörden in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern genehmigt wurden.
Selbst bei öffentlich geförderten Projekten wie „FINO 3“ und „alpha ventus“ drückt man sich um Zusagen für einen effektiven Schallschutz. Für ein vom Bundesumweltministerium (BMU) gefördertes Errichtungsschiff ist ebenfalls kein Schallschutz vorgesehen. Diesbezügliche Anfragen von NABU, GSM und GRD an das BMU und das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) blieben bislang entweder unbeantwortet, oder die Antwort fiel so allgemein aus, dass es zweifelhaft erscheint, dass rechtzeitig zum Baubeginn entsprechende Schallschutzmaßnahmen vorliegen werden.
„Wir befürchten, dass kommerzielle Windparkbetreiber in Deutschland ebenfalls auf Schallschutzmaßnahmen verzichten wollen, wenn sich selbst Bundeseinrichtungen darum drücken“, erklärt Ulrich Karlowski von der GRD.
Quelle: GRD