Fischerei tötet Millionen Meeresschildkröten
Archivmeldung vom 08.04.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer kommerzielle Fischfang hat in den vergangenen 20 Jahren Millionen von Meeresschildkröten getötet. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von US-Wissenschaftlern im Fachmagazin "Conservation Letters". Die Forscher um Bryan Wallace von der Duke University haben erstmals eine Untersuchungen über die Beifänge bei der Langleinen und Netzfischerei zusammengefasst.
"Direkte Beobachtungen und Interviews mit Fischern haben uns
gezeigt, dass zwischen 1990 und 2008 etwa 85.000 Schildkröten gefangen
wurden", so Wallace. Doch diese Zahlen betreffen nur ein Prozent der
weltweiten Fischereiflotte. Informationen über die lokale kleinräumige
Fischerei gebe es keine, so der Forscher, der auch als
wissenschaftlicher Berater des Sea Turtle Flagship Program bei der
Conservation International ist. "Wir gehen davon
aus, dass die Zahlen um ein Vielfaches höher liegen."
Höchste Beifänge in Mexiko und in der Adria
Die höchste Zahl an Schildkröten als Beifang in der Langleinen-Fischerei konnten die Wissenschaftler vor der Küste der mexikanischen Halbinsel Baja California ausmachen. Die höchsten Beifänge bei Treibnetzen gab es in der Nördlichen Adria, die höchsten Beifänge in der Schleppnetzfischerei vor der Küste Uruguays.
"Die kommerzielle Fischerei zählt zu den größten Problemen für die
Meeresschildkröten überhaupt", meint auch der Meeresbiologe Michael
Stachowitsch von der Universität Wien
im pressetext-Interview. In den USA gebe es bereits Netze, die mit
einem sogenannten Turtle Excluder Device TED ausgestattet sind, damit
die Schildkröten den Netzen entkommen können. "In Europa sind die
Fischer nicht dazu verpflichtet, sie zu verwenden", so Stachowitsch.
Schutz schwierig
"Der Schildkrötenschutz ist deshalb schwierig, da er an zwei Stellen ansetzen muss", erklärt Stachowitsch. "Einerseits an den Stränden, an denen die Tiere ihre Eier ablegen, andererseits auf hoher See. Meeresschildkröten legen tausende Kilometer im Wasser zurück. Daher kann der Schutz dieser Tiere nur auf internationaler Ebene greifen." Stachowitsch, der in der Türkei ein Schildkrötenschutzprogramm für die Unechte Karettschildkröte betreut, betont, dass von 1.000 geschlüpften Jungtieren nur jedes Tausendste das Erwachsenenalter erreicht.
Eine andere Lösung wäre die Verwendung von sogennanten C-Haken in
der Langleinen-Fischerei. "Die bisher verwendeten J-Haken bleiben den
Schildkröten im Rachen stecken und führen zum Tod. Die wie der Buchstabe
C geformten Haken hingegen nicht." Auch Studienautor Wallace
argumentiert damit, dass es unbedingt zwingende Richtlinien für die
Ausrüstung in der Hochseefischerei geben müsse.
Vorbilder im Fischereimanagement
Ein vorbildliches Fischereimanagement gibt es beispielsweise bei der Hawaiianischen Langleinenfischerei und bei der Australischen Shrimpfischerei. "In beiden Gebieten konnte durch einer engen Zusammenarbeit zwischen den Fischern und Regierungsvertretern die Menge des Beifangs signifikant verringert werden", so Wallace. Dabei wurde das Fischereiequipment verändert und innovative Technologien eingesetzt.
Eine Chance die Meeresschildkröten stärker zu schützen, biete auch die Online-Datenbank TurtleWatch, die als real-time-Datenbank auf brütende Schildkröten aufmerksam macht. Eine andere Möglichkeit wäre die Errichtung mariner Schutzzonen.
Quelle: pressetext.austria Wolfgang Weitlaner