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Deutsche Umwelthilfe zieht positive Bilanz zum Verbot privater Silvester-Böllerei

Archivmeldung vom 18.12.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.12.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Eingepackte Feuerwerksbatterie
Eingepackte Feuerwerksbatterie

Foto: User:Wdwd
Lizenz: CC-BY-SA-2.0-de
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zieht eine positive Bilanz ihrer bisherigen Arbeit für ein Ende der archaischen Silvester-Böllerei mit Schwarzpulver-Raketen und Knallkörpern. Im Juli und Oktober 2019 beantragte die DUH in insgesamt 98 Städten mit einer Feinstaubbelastung (PM10) oberhalb des von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlenen Grenzwerts einen Stopp der Feuerwerk-Böllerei.

Im Frühjahr präsentierte die DUH in einem Rechtsgutachten die heute schon bestehenden rechtlichen Möglichkeiten kommunaler Böller-Verbote. 92 der 98 Städte haben sich bei der DUH zurückgemeldet. 36 von 92 haben Verbotszonen ausgewiesen, einen entsprechenden Beschluss gefasst, sind in der Umsetzung oder begrüßen entsprechende Verbote bzw. fordern von der Bundesregierung entsprechende rechtliche Vereinfachungen für kommunale Regelungen. Davon sind in 23 Kommunen Verbote bereits umgesetzt, in 5 weiteren Kommunen wird derzeit ein Verbot geprüft und 8 weitere Städte begrüßen ein Verbot, wenn die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen auf Bundesebene geschaffen werden. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit einer schnellstmöglichen Änderung der 1. Sprengstoffverordnung.

Weitere Städte, wie Kassel, Gera und Blankenfelde, die dieses Jahr keine Maßnahmen mehr umsetzten konnten, wollen für den Jahreswechsel 2020/21 entsprechende Möglichkeiten prüfen und Bürgerinnen und Bürger durch Öffentlichkeitsarbeit für die Thematik sensibilisieren.

Das von der DUH in diesem Frühjahr vorgestellte Rechtsgutachten der Kanzlei Geulen & Klinger zeigt die rechtlichen Möglichkeiten für Kommunen und Länder auf und macht deutlich, wo die Bundesregierung nachbessern soll. Die von der DUH geforderte Vereinfachung kommunaler Feuerwerkverbote wurde zwischenzeitlich zumindest teilweise durch Berlin in den Bundesrat eingebracht. Bundesinnenminister Seehofer hat zudem angekündigt, entsprechende kommunale Verbote zu erleichtern, will sich aber mindestens zwei Jahre Zeit nehmen, um einen Satz in der Verordnung zu ändern.

Die DUH fordert Innenminister Horst Seehofer auf, seine Ankündigung, das Sprengstoffrecht zu ändern, umgehend im Sinne des DUH-Rechtsgutachtens und schließlich auch zeitnah, und nicht erst in der nächsten Legislaturperiode umzusetzen. Damit hätten Kommunen erleichterte Möglichkeiten, wirklich umfangreiche und weite Stadtteile umfassende Böller-Verbote auszusprechen.

Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Üblicherweise wird nur in den wenigen Tagen vor dem Jahreswechsel über die negativen Folgen der Silvester-Böllerei gesprochen. Erstmals ist es uns gelungen, eine anhaltende sachliche Debatte über das notwendige schnelle Ende dieser archaischen Form des Silvesterfestes zu initiieren. Die 98 am stärksten vom giftigen Feinstaub betroffenen Städte beschäftigen sich mit unseren Anträgen, Schwarzpulver-freie Zonen einzurichten. Mut machen uns vor allem die überwältigenden positiven Rückmeldungen und die aktive Unterstützung durch über 170.000 Bürgerinnen und Bürger, die für rauschende Silvesterfeste ohne Schwerverletzte, Häuserbrände, panisch reagierende Tiere, verlorenes Augenlicht und verstümmelte Hände kämpfen. Leider sind viele Stadtoberhäupter noch nicht so weit wie die Mehrheit der Bundesbürger. oder die in den Notaufnahmen arbeitenden Augenärzte, Chirurgen und Rettungssanitäter, die zu Silvester jedes Jahr zahlreiche Noteinsätze haben und vermeidbares Leid erfahren."

Nachdem die DUH schließlich im Herbst über schwarzpulverfreie Alternativen wie Licht- und Lasershows wie in Landshut berichtet hat, erklären immer mehr Städte wie zuletzt Stuttgart, mit Musik untermalte Licht- und Lasershows auf zentralen Plätzen für ihre Bürger zu veranstalten.

Leider zeigen sich aber viele Städte und Gemeinden nach wie vor uneinsichtig und gefährden mit ihrer Weigerung, die private Schwarzpulver-Böllerei in ihren Städten zu stoppen, Mensch, Tier und Umwelt. Um die politische Debatte in besonders betroffenen Städten zu intensivieren, gibt es zwischenzeitlich 22 lokale Petitionen mit insgesamt über 170.000 Unterschriften.

Nachdem mittlerweile mehrere Edeka- und Rewe-Filialen einen Verkaufsstopp für Feuerwerkskörper als ihren Beitrag zu mehr Umwelt- und Klimaschutz verkündet haben und die Baumarktkette Hornbach dies für alle Filialen ab 2020 angekündigt hat, fordert die DUH die Einzelhandelsunternehmen in Deutschland dazu auf, ebenfalls ein klares Zeichen zu setzen und bereits zu diesem Silvesterfest keine Feuerwerksartikel auf Schwarzpulverbasis mehr zu verkaufen.

Das aktuelle Schwerpunktthema der Augenfachzeitschrift "Der Ophthalmologe" befasst sich ebenfalls mit den Gesundheitsgefahren durch privates Feuerwerk. Danach gibt es in Deutschland kein Melderegister für Augenverletzungen durch Feuerwerk. In Ländern wie Holland und Finnland haben solche Register zu einer staatlichen Einschränkung von Feuerwerk geführt. An einer Umfrage in Deutschland nahmen ca. 50 von 110 angefragten Kliniken teil und meldeten jährlich zwischen 350 und 518 Verletzte. 25 Prozent der gemeldeten sind Schwerverletzte, davon ist bei 40 Prozent mit dauerhaften Beeinträchtigungen wie Seheinschränkungen zu rechnen. 38 Prozent der Verletzten sind unter 18 Jahre. Circa die Hälfte der Verletzten sind Zuschauer und Passanten. 60 Prozent der verletzten Kinder sind Unbeteiligte. Eine signifikante Reduktion der Augenverletzungen kann - so die Schlussfolgerung aus dieser Untersuchung - nur durch eine gesetzliche Beschränkung der Verfügbarkeit von Feuerwerkskörpern erzielt werden.

Hintergrund:

Im Juli und Oktober 2019 hatte die DUH insgesamt 98 Städte mit einer innerstädtischen Feinstaubbelastung oberhalb der Empfehlung der WHO von 20 µg/m³ Feinstaub (PM10) mit formalen Anträgen kontaktiert. Mittlerweile hat die DUH Rückmeldung zu 91 dieser Städte. Folgende Städte haben bis heute nicht geantwortet: Brandenburg, Bremen, Dresden, Elsterwerda, Erfurt und Göhlen.

Aufgrund des Silvester-Feuerwerks herrschen in der Silvesternacht teils Rekord-Feinstaubbelastungswerte von 1000 µg/m³. Dabei wird so viel gesundheitsschädlicher Feinstaub in die Luft geblasen wie in zwei Monaten durch den Straßenverkehr. Zahlreiche Verletzte, vermüllte Straßen und Grünanlagen, Einsatzkräfte im Dauerstress sowie immense Lärmbelastungen sind das Ergebnis der alljährlichen Silvester-Böllerei.

Neben dem Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2) zählen ultrafeine Partikel zu den gefährlichsten Luftschadstoffen. Die Europäische Umweltagentur hat Anfang Oktober 2019 eine aktuelle Gesundheitsstudie veröffentlicht und warnt vor 59.600 vorzeitigen Todesfällen in Deutschland durch Feinstaub - pro Jahr. Innerhalb weniger Stunden setzen Feuerwerkskörper zum Jahreswechsel circa 5.000 Tonnen Feinstaub frei, das entspricht 16 Prozent der jährlich im Straßenverkehr entstehenden Feinstaubmenge. Das Umweltbundesamt warnt bereits seit Jahren vor den negativen Folgen der Silvester-Böllerei.

Gegenüber folgenden 98 Städten stellte die DUH im Juli bzw. im Oktober 2019 einen formalen Antrag auf Erlass eines kommunalen Böllerei-Verbots (in Klammern der Jahresmittelwert für Feinstaub (PM10) in Mikrogramm pro Kubikmeter Luft µg/m³): Aachen (20 µg PM10/Kubikmeter), Aschersleben (23), Augsburg (24), Bayreuth (20), Berlin (29), Bernau (22), Bielefeld (24), Blankenfelde (20), Bottrop (21), Brandenburg (24), Braunschweig (20), Bremen (25), Bremerhaven (22), Brunsbüttel (20), Chemnitz (21), Cottbus (21), Darmstadt (20), Datteln (21), Dortmund (25), Dresden (23), Duisburg (25), Düsseldorf (25), Eberswalde (21), Elsdorf (21), Elsterwerda (20), Erfurt (21), Essen (26), Esslingen (25), Flensburg (20), Frankfurt (Main) (25), Frankfurt (Oder) (26), Fulda (21), Fürth (22), Gelsenkirchen (29), Gera (20), Gießen (22), Gladbeck (23), Göhlen (21), Görlitz (22), Göttingen (23), Grevenbroich (24), Hagen (28), Halberstadt (24), Halle (27), Hamburg (24), Hannover (22), Heilbronn (25) Jackerath (OT der Gemeinde Titz) (22), Jüchen (21), Kassel (23), Kiel (22), Köln (27), Krefeld (24), Leipzig (28), Limburg (24), Ludwigsburg (25), Ludwigshafen (23), Lünen (30), Magdeburg (24), Mainz (24), Mannheim (22), Marburg (20), Markgröningen (25), Mönchengladbach (24), Mühlhausen (24), München (25), Münster (24), Nauen (21), Neuwied (22), Niederzier (25), Nürnberg (26), Oberhausen (25), Offenbach (23), Oldenburg (22), Osnabrück (23), Passau (20), Potsdam (21), Regensburg (20), Reutlingen (23), Rostock (24), Saarbrücken (20), Schwerin (20), Solingen (21), Spremberg (20), Stuttgart (29) Tübingen (23), Warstein (21), Weimar (20), Wesel (20), Wetzlar (20), Witten (20), Wittenberg (22), Wolfsburg (20), Worms (22), Wuppertal (21), Würzburg (22), Zittau (22), Zwickau (20).

Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. (ots)

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