Bundesregierung soll Klima schädliche Dienstwagenflotte komplett austauschen
Archivmeldung vom 13.02.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDie Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) verlangt den Komplettaustausch der Dienstwagenflotte der Mitglieder der Bundesregierung gegen emissionsarme Fahrzeuge. Spätestens seit der Entscheidung der EU-Kommission für einen durchschnittlichen Emissions-Zielwert von effektiv 130 Gramm Kohlendioxid pro gefahrenemKilometer (g CO2/km) sei das Festhalten an schweren Spritschlucker-Limousinen unverantwortlich.
"Der heraufziehende
Klimawandel verlangt von der Politik eine Neuinterpretation ihrer
Vorbildrolle. Die Mitglieder der Bundesregierung müssen mit gutem
Beispiel vorangehen und somit dem Verdacht entgegentreten, anderen
etwas zumuten zu wollen, was sie selbst nonchalant verweigern", sagte
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Die Entscheidung der
Bundesregierung für emissionsarme Dienstwagen wäre nach Überzeugung
der DUH ein für jedermann nachvollziehbares Signal, dass "das
Zeitalter des fossilen Überflusses jetzt an sein Ende kommt und die
Politik endlich handelt".
Der Vorschlag von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, die in seinem Ministerium mit der Reisetätigkeit verbundenen Klimabelastungen durch eine Ausgleichszahlung für Klimaschutzmaßnahmen zu beheben, löst nach Ansicht der DUH das zugrunde liegende Problem Sprit schluckender Pkw nicht. Derzeit belasten die Dienstwagen deutscher Bundesminister das Klima mit durchschnittlich etwa 240 g CO2/km und überschreiten damit den von der EU-Kommission in der vergangenen Woche verabschiedeten EU-Zielwert für Pkw um fast das Doppelte. Das ergaben Recherchen der DUH in den Bundesministerien. Als Standardfahrzeuge nutzen die Regierungsmitglieder Audi A8 quattro, VW Phaeton, Mercedes S- und E-Klasse und 7er BMW-Limousinen. "Unsere Politiker sind leider keine Vorbilder beim Autokauf. Der Bürger sollte sich eher an EU-Umweltkommissar Stavros Dimas orientieren, der seinen Spritfresser erklärtermaßen gegen eine Limousine mit sparsamem Hybridantrieb eintauschen will. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, ihr von der Automobilindustrie gesponsertes Schaufahren gegen den Klimaschutz geschlossen zu beenden", so Resch.
Selten habe eine Anfrage der DUH zu größerer Aufgeregtheit geführt
wie die Recherche über die Dienstwagen-Gewohnheiten der
Spitzenpolitiker. Seit einer Woche bemüht sich die Umweltorganisation
eine Übersicht über die Fahrzeugflotte in Berlin und Bonn zu
erhalten. Trotz mehrfacher Anschreiben und Anrufe in Pressestellen
und Ministerbüros gaben sich die meisten Häuser ausgesprochen
einsilbig. Viele Spitzenpolitiker mochten sich erkennbar nicht mehr
erinnern, welche Automarke und Motorisierung sie für ihre
Staatskarossen gewählt haben. Die Büros verweigerten die Auskunft,
versprachen Rückrufe, die nicht erfolgten oder erklärten gar,
Aussagen zu dem heiklen Thema "mit anderen Ministerien abstimmen zu
müssen". Immerhin zu dreizehn Ministerien hat die DUH inzwischen
trotzdem Angaben erhalten oder über Dritte recherchieren können.
"Die Automobilhersteller nutzen unsere Spitzenpolitiker jeden Abend in der Tagesschau als kostenlose Werbeträger für ihre schweren Limousinen. Sie können sicher sein, dass die Investition sich rechnet. Denn dem schlechten Beispiel folgen jährlich hunderttausende Dienstwagen-Berechtigte, die offenbar in Punkto Wichtigkeit und CO2-Belastung nicht hinter der Staatsspitze zurückstehen wollen. Während die deutschen Autohersteller die Ministerien mit Preisnachlässen von bis zu 60 Prozent locken, kämpft ausgerechnet der Bundesfinanzminister für die Beibehaltung überkommener Subventionen von bis zu 49 Prozent beim Kauf Klima belastender Dienstwagen, die den Steuerzahler jedes Jahr dreistellige Millionenbeträge kosten", erklärte Resch.
Bei diesem Geschäft gerät nach Überzeugung der DUH sogar
regelmäßig die Dienstkraftfahrzeugrichtlinie der Bundesverwaltung
(DKfzR) unter die Räder. Diese schreibt ausdrücklich vor, dass "bei
der Auswahl der Fahrzeuge auf einen kostengünstigen Unterhalt und
geringen Spritverbrauch" zu achten sei. Dabei muss ein deutscher
Minister nicht einmal ein japanisches Auto kaufen, wenn er sowohl die
Dienstvorschriften einhalten als auch einen persönlichen Beitrag zum
Klimaschutz leisten will: Für 40.103 EUR ist zum Beispiel der
Mercedes-Benz E-220D mit 170 PS, 227 km/h Spitzengeschwindigkeit und
einem moderaten Emissionswert von 167 g CO2/km zu haben. Mit diesem
Auto würden die Minister den Spritverbrauch und CO2-Ausstoß drastisch
reduzieren und sich zudem an die eigenen Dienstvorschriften halten,
in denen es heißt: "Für die Bundesverwaltung sind schadstoffarme
Kraftfahrzeuge mit möglichst geringem Kraftstoffverbrauch zu
beschaffen."
Quelle: Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe e.V.