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Nachhaltige Garnelen-Produktion schützt tropische Mangrovenwälder

Archivmeldung vom 31.07.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

In den letzten fünf Jahren hat sich der Import von Garnelen nach Deutschland verdoppelt. Allein 2007 wurden 31 Prozent mehr aus dem Ausland eingekauft als im Vorjahr. "Diese starke Nachfrage wird vor allem von der Intensivproduktion in Vietnam und Thailand bedient", erläutert Friedrich Esser, Geschäftsführer der Firma International Fish Farming Technology (IFFT, Bergisch Gladbach).

Doch der gestiegene kulinarische Genuss bleibt nicht ohne Folgen für die Umwelt: "Die empfindlichen Ökosysteme der Mangrovenwälder an den Küsten des indischen Ozeans werden zerstört. Ein Viertel der Gebiete ging in den letzten 20 Jahren durch menschlichen Einfluss verloren", klagt Esser. Mit Technologie der Firma Sander Aquarientechnik will IFFT eine nachhaltige, umweltschonende Setzlingszucht der Riesengarnele Black Tiger (Penaeus monodon) in Kreislaufanlagen zunächst im saarländischen Völklingen aufbauen und sie später wieder in die natürlichen Zuchtgebiete zurückführen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hilft mit knapp 280.000 Euro.

Die steigende Beliebtheit und Vielfalt der Garnelen-Verkostung beschreibt Bubba seinem Freund Forrest Gump im gleichnamigen Film von 1994 so: "Shrimps sind Früchte des Meeres. Du kannst sie am Spieß braten, backen, auf den Grill tun, sautieren, es gibt Shrimps-Kebap, Shrimps-Kreol, Shrimps mit Gambo, in der Pfanne gebraten, frittiert, es gibt Shrimps mit Bananen, es gibt Bohnen-Shrimps, Kokosnuss-Shrimps, Pfeffer-Shrimps, Shrimps-Suppe, Shrimps-Eintopf, Shrimps-Salat, Shrimps mit Kartoffeln, Shrimps-Burger, Shrimps-Sandwich. Das war's glaube ich." Damals waren Riesengarnelen wie die Black Tiger noch eine kostspielige Delikatesse. Heute gibt es sie im 20er-Pack tiefgefroren für knapp drei Euro bei fast jedem Discounter.

"Garnelenfarmen sind in asiatischen Ländern wie Pilze aus dem Boden geschossen", beschreibt Esser die Lage. Bis 2010 könne sich allein im vietnamesischen Mekong-Delta die Zucht auf 80.000 Hektar der Küstengebiete ausgeweitet haben, eine Fläche so groß wie New York City - 1995 waren es noch 3.000. Um Zuchtbecken anzulegen, werden Mangrovenbäume abgeholzt. Esser: "Die in Monokulturen gehaltenen Garnelen-Setzlinge sind extrem krankheitsanfällig, deshalb geben Farm-Betreiber Antibiotika ins Wasser und behandeln es auch mit anderen Medikamenten." Nach drei bis zehn Jahren seien die Shrimps-Teiche so stark mit Chemikalien verseucht, dass sie nicht weiter zu bewirtschaften seien. Für Boden und Grundwasser gebe es keine Rettung mehr - die Betriebe seien gezwungen, an einen neuen Standort zu ziehen. "Hinterlassen wird salzverseuchtes Ödland, auf dem eine Wiederaufforstung nur schwer möglich ist. Da Mangrovenwurzeln sicherer Lebensraum für Fische, Muscheln und Krabben sind und ihren Larven und Jungtieren beste Bedingungen bieten, droht die Kinderstube der Ozeane verloren zu gehen. Für die regionale Küstenfischerei hat die Verödung deshalb schlimme Folgen: Ihre Erträge gehen drastisch zurück."

Esser: "Der Anbau von Black Tiger Garnelen ist im letzten Jahr in Asien zusammengebrochen. Virusepidemien haben die krankheitsanfälligen Tiere dahingerafft." Tiere, die nicht eingingen, blieben klein und erreichten nur 20 Gramm. Der verstärkte Fang wilder Garnelen vor den Küsten habe auch den natürlichen Bestand bedrohlich verringert. "Black Tiger sind in freier Wildbahn und ohne Krankheitserreger in vietnamesischen Zuchtstationen heute kaum noch zu finden. Deshalb wird nun die robustere Garnelensorte Whiteleg Shrimp angebaut", so Esser. Eine Gefahr für die Artenvielfalt und ein starker Eingriff in das Ökosystem: Im Gegensatz zur Black Tiger Garnele ist sie nicht in den asiatischen Mangrovenwäldern beheimatet, sondern stammt aus Südamerika.

"Wir wollen zunächst einmal einen Bestand gesunder Elterntiere der Black Tiger aufbauen, die verwertbare Setzlinge produzieren", erklärt Esser das IFFT-Projekt. Um die Art überhaupt zu erhalten, sei es notwendig, das weit vom Ursprungsland entfernt zu tun. Ökologische Aquakulturen stellten asiatische Unternehmen vor eine enorme, schwer durchzusetzende Herausforderung. "Wir haben in Deutschland ideale Möglichkeiten, in hygienisch einwandfreien, biosicheren Kreislaufanlagen die Umweltbedingungen für Black Tiger Garnelen zu simulieren ¬- ohne den verbreiteten Krankheitserreger, den es bei uns gar nicht gibt."

"Unsere gesunden Setzlinge produzieren wir für die extensiv wirtschaftenden, organischen Garnelenfarmen in Vietnam", so Esser. Bevor die Larven in Deutschland zur Speisegröße gereift sind, würden sie ausgeflogen werden. Damit würden die Existenzen der naturnahen, zertifizierten heimischen Farmen sowie faire und hohe Preise gestärkt. Fernziel von IFFT sei es zudem, die nachhaltige, biosichere Setzlingsproduktion in geschlossen Aquakultur-Kreisläufen langfristig auch in Vietnam aufzubauen. Bisher sei eine alternative Garnelenproduktion in geschlossenen Anlagen daran gescheitert, dass die künstliche Vermehrung nicht zuverlässig funktioniere. "Wir wollen eine Technologie entwickeln, die eine nachhaltig künstliche Vermehrung und eine kontrollierte Setzlingsaufzucht in Aquakulturen ermöglicht. Dafür brauchen wir einen kerngesunden Elterntierbestand." Wissenschaftliche Unterstützung erhält IFFT zusätzlich von der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, die ab dem kommenden Wintersemester eine dreijährige Stiftungsprofessur "Aquakultur" eingerichtet hat.

Dr. Holger Wurl, DBU-Referent für umweltgerechte Landnutzung und nachwachsende Rohstoffe, erläutert die Dringlichkeit des Vorhabens: "Durch globale Umweltverschmutzung, Klimaveränderung und Überfischung veramt der Lebensraum Meer. Wir benötigen die kontrollierte Nachzucht in Aquakulturen, um die natürlichen Ökosysteme der Weltmeere zu schützen und zu erhalten!" Durch den Einsatz neuer biotechnologischer Verfahren könnten tropische Warmwassergarnelen in geschlossen Kreisläufen standortunabhängig, ohne Gewässerbelastung oder Einsatz von Pharmaka produziert werden.

Neben Korallenriffen und den tropischen Regenwäldern zählen Mangrovenwälder zu den produktivsten Ökosystemen der Erde. Sie bestehen aus Bäumen und Sträuchern 70 verschiedener Pflanzenarten, die sich an tropischen und subtropischen Meeresküsten und brackigen Flussmündungen ansiedeln, wo sie dem Wasser täglich bis zum Kronenansatz ausgesetzt sind. An diese Lebensbedingungen haben sie sich gut angepasst: Mangroven sind gigantische Filteranlagen. Sie nehmen überschüssige Nährstoffe auf und entlasten Küstengewässer, indem sie Salz in ihre Zellen einlagern. Einige können wie Kakteen Wasser speichern, um die hohe Salzkonzentration zu verdünnen. In den Baumkronen der Mangroven leben Reptilien und Säugetiere. Wasservögel haben dort ihre Nester. Die Wurzeln bieten Fischen, Muscheln und Krabben einen sicheren Lebensraum und ihren Larven und Jungtieren beste Bedingungen. Deshalb werden Mangroven auch als Kinderstube der Ozeane bezeichnet. Auch für Menschen sind sie lebensnotwendig: Sie bieten Schutz gegen Küstenerosion, Flutwellen und Tsunamis.

Quelle: DBU

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