Deutsche Supermarkt-Kunden unterstützen indirekt Islands Finnwaljagd
Archivmeldung vom 10.07.2014
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.07.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWer in deutschen Supermärkten Fisch aus Island kauft, finanziert möglicherweise indirekt, dass in Island bedrohte Finnwale gejagt werden. Der Grund: Der Chef von Islands einziger Walfang-Firma ist auch Aufsichtsratsvorsitzender von HB Grandi, einem der größten Fischexporteure Islands. Die beiden Firmen sind eng verflochten. Die Organisationen Whale & Dolphin Conservation (WDC) und Pro Wildlife fordern nun deutsche Fischlieferanten und Supermärkte auf, ihre Handelsbeziehungen mit HB Grandi zu überdenken. Doch selbst Unternehmen, die sich Nachhaltigkeit groß auf die Fahnen schreiben, antworten oft nur ausweichend.
26 bedrohte Finnwale sind seit Anfang Juni in Island getötet worden – 128 weitere sollen in den nächsten Wochen gejagt werden. Der Walfang des Landes ist in der Hand eines einzigen Unternehmers, Kristján Loftsson. Der ist nicht nur Geschäftsführer und einer der Hauptaktionäre von Islands einziger Finnwalfang-Firma, Hvalur hf, sondern gleichzeitig auch Vorstandsvorsitzender des Fischereiunternehmens HB Grandi. Hvalur hf wiederum besitzt über 40 Prozent der Anteile von HB Grandi. Deutschland ist einer der Hauptabnehmer von HB Grandi-Produkten. "Das Geld, das deutsche Kunden für Fisch ausgeben, kann dem Walfang in Island zugutekommen", kritisiert Astrid Fuchs von Whale & Dolphin Conservation (WDC).
In Fertigungshallen von HB Grandi werden auch die getöteten Finnwale verarbeitet, die zu einem Großteil nach Japan exportiert werden. Der internationale Handel mit Finnwal-Fleisch ist durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (engl. Cites) seit 1977 verboten.
21 Handelsketten und Fischgroßhändler hat WDC angeschrieben und auf die Verbindung zwischen HB Grandi und dem Walfang in Island hingewiesen, darunter Edeka, Rewe, Tegut und Metro. Die meisten Unternehmen distanzierten sich nicht klar von HB Grandi oder blieben eine Antwort schuldig. Lediglich der Discounter Norma und der Fischimporteur First Fimex bestätigten, nicht bei HB Grandi zu kaufen, weder direkt noch über Zwischenhändler.
Zu den wichtigsten Zulieferern deutscher Supermärkte zählt Deutsche See, die bis heute Fisch von HB Grandi bezieht und auch weiterhin daran festhalten will. Der Fisch-Großhändler rühmt sich hoher Umweltstandards und strenger Einkaufrichtlinien, wirbt auf seiner Website gar mit der Auszeichnung als "Deutschlands nachhaltigstes Unternehmen". Doch HB Grandis Verbindung zum Walfang anerkennen will Deutsche See nicht. "Gerade Unternehmen, die sich Nachhaltigkeit so groß auf die Fahnen schreiben, sollten Verantwortung übernehmen und sicherstellen, dass sie nicht indirekt den Walfang unterstützen", fordert Sandra Altherr von Pro Wildlife.
Nachhaltigkeit – ein dehnbarer Begriff
Mehrere Supermarktketten beteuern zwar, dass sie Walfang ablehnen und dass Nachhaltigkeit die Basis ihrer Fisch-Einkaufspolitik sei. Doch eine Absage an HB Grandi und seine Zwischenhändler wollten diese Unternehmen öffentlich nicht erteilen. "Immerhin kündigte ein Handelskonzern an, in einen "kritischen Dialog" mit seinen Lieferanten zu treten. Ein anderes Unternehmen räumt ein, dass es schon vor einiger Zeit begonnen habe, alternative Bezugsquellen zu sondieren", berichtet Fuchs. "Wiederum andere haben in persönlichen Gesprächen zugesichert, auf ihre Zulieferer einzuwirken. Wenn die Handelsketten glaubwürdig bleiben wollen, sollten sie Nachhaltigkeit ernst nehmen und den Walfang nicht nur auf dem Papier ächten", so Fuchs.
Wie das geht, macht beispielsweise Frosta vor: Das Unternehmen achtet genau darauf, wer hinter seinen Fischlieferanten steht, und kauft nicht bei HB Grandi oder Unternehmen, die sich am Wal- oder Delfinfang beteiligen.
Island untergräbt den Schutz von Walen
Island nutzt juristische Schlupflöcher, um das kommerzielle Walfangmoratorium und das internationale Handelsverbot zu unterwandern. Im Dezember 2013 gab die Regierung in Reykjavik für die Jahre 2014-2018 erneut eine jährliche Fangquote für 154 Finnwale und 229 Zwergwale frei. Island genehmigt immer wieder den Export von Walfleisch – zuletzt die Rekordmenge von 2.000 Tonnen, die Ende März nach Japan verschifft wurde.
Quelle: Whale & Dolphin Conservation (WDC)