Die Zahl der bedrohten Tiere und Pflanzen wächst – doch für einige ging es 2007 aufwärts
Archivmeldung vom 29.12.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.12.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt2007 war für Pflanzen und Tiere ein Rekordjahr. Niemals zuvor verbuchte die Rote Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) mehr Arten als gefährdet. 39 Prozent aller untersuchten Pflanzen und Tiere – exakt 16.306 Arten – gelten nunmehr offiziell als bedroht.
Zum Vergleich: Im Jahr 1996 zählte die Rote Liste noch 10.533 bedrohte Arten. Doch obwohl eine Trendwende im Artenschwund nicht in Sicht ist, brachte das Jahr 2007 auch ein paar gute Nachrichten. Dank intensiver Schutzmaßnahmen gibt es für eine Reihe von Arten wieder neue Hoffnung. Der WWF nennt die größten Gewinner und Verlierer aus Flora und Fauna für das zu Ende gehende Jahr.
Verlierer 2007:
Gorilla
Rücksichtlose Wilderei, das
tödliche Ebola-Virus und die unruhige politische Situation in Ländern
Zentralafrikas haben die Bestände des Westlichen Gorillas in den letzten 25
Jahren um 60 Prozent schrumpfen lassen. Um ihr Fleisch zu verkaufen,
Nahrungskonkurrenten auszuschalten oder Gorilla-Köpfe und -Hände als Trophäen zu
verkaufen, werden die Tiere gejagt und zerstückelt. Die Rote Liste stuft den
westlichen Tieflandgorilla in diesem Jahr neu als „vom Aussterben bedroht“ ein.
Roter Tunfisch
Einmal mehr haben die
europäischen Fischerei-Flotten ihre Fangquoten für den Roten Tunfisch massiv
überschritten, allen voran Spanien und Frankreich. Trotz jahrelanger Warnung des
WWF geht das Drama um den Roten Tun weiter. Der Bestand dieses Fisches steht vor
dem Kollaps. Der WWF fordert deshalb ein mindestens dreijähriges Fischereiverbot
für den Roten Tunfisch.
Jaguar
Der Jaguar war ursprünglich vom
Süden der USA bis in den Norden Argentiniens zu finden. Sein Verbreitungsgebiet
hat sich in den letzten Jahrzehnten um 50 Prozent verringert. Heutige
Schätzungen zum Jaguarbestand im Dreiländereck Argentinien-Paraguay-Brasilien
liegen fünf- bis sechsmal niedriger als noch 1990. Das Amazonas-Gebiet gilt
heute als eines der wenigen Rückzugsgebiete. Doch auch hier lebt der Jaguar
riskant, weil der Regenwald für Holz- und Landgewinnung systematisch vernichtet
wird.
Rote Korallen
Raubbau, ansteigende
Wassertemperaturen und rücksichtslose Fischereimethoden haben längst viele
Korallenriffe zerstört. Jetzt steigt der Druck für die rote Koralle, die in
grossen Mengen von der Schmuckindustrie genutzt wird. Denn der Antrag, sie ins
Washingtoner Artenschutzabkommen aufzunehmen, wurde im Juni von den
Vertragsstaaten abgelehnt. So bleibt die Rote Koralle ungeschützt und darf ohne
Auflagen weiter gehandelt werden.
Gewinner 2007:
Bartgeier
Diesen Frühling schlüpften junge
Bartgeier in der Schweiz, in freier Wildbahn und erstmals seit 122 Jahren. Im
gesamten Alpenraum fliegen heute etwa hundert Bartgeier. Ein grosser Erfolg für
das internationale Wiederansiedlungsprojekt, das der WWF seit seinem Beginn im
Jahr 1979 unterstützt. Der WWF lässt sein Wissen bereits in andere
Wiederansiedlungsprogramme in Südeuropa einfliessen, um auch dort
überlebensfähige Bartgeierpopulationen aufzubauen.
Wolf
Deutschland ist wieder Wolfsland: In
der Lausitz und in Brandenburg wurden im Sommer Welpen geboren, in Niedersachsen
hat sich seit über 50 Jahren wieder ein Wolf angesiedelt, und auch aus
Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern kommen Wolfs-Meldungen. Allerdings
nicht nur positive: Immer wieder wurden Wölfe 2007 Opfer von Autos oder Flinte,
zuletzt im Dezember im niedersächsischen Wendland.
Amurtiger
Zum ersten Mal seit 30 Jahren
fanden Forscherteams des WWF Spuren des seltenen Amurtigers nördlich des Flusses
Amur. Die bisher umfassendste Zählung von Amurtigern zeigte, dass manche Tiere
über 900 Kilometer nach Norden wanderten. Einige überquerten zudem die Grenze
nach China. Die Tigerwanderung ist ein gutes Zeichen: Die bisherigen Lebensräume
im Süden sind offensichtlich besetzt, die Population breitet sich deshalb nach
Norden aus.
Orchidee
Im September 2007 beschloss
Vietnams Provinz Hue, einen Nationalpark auszubauen und neue Schutzgebiete zu
schaffen. Damit vergrößert sich das bestehende Netz aus immergrünen Wäldern, in
denen bereits mehrmals neue Tier- und Pflanzenarten gefunden wurden. So auch
dieses Jahr: Biologen entdeckten fünf neue Orchideenarten. Drei davon haben ganz
spezielle Eigenschaften: sie sind blattlos, haben kein Chlorophyll und leben von
absterbendem Material. Der vergrößerte Wald-Korridor ermöglicht den Orchideen
jetzt eine weitere Ausbreitung.
Schildkröte
Wiederentdeckung am Mekong:
WWF-Forscher stießen in Kambodscha auf eine der größten und seltensten
Süßwasserschildkröten, die Cantors Riesenweichschildkröte. Neben einem 11
Kilogramm schweren Weibchen fand das Team auch frisch geschlüpfte Jungtiere. Bis
dahin galt die seltene Art bereits als ausgestorben. Vermutlich leben auch in
Vietnam, Laos und Thailand noch einzelne Exemplare.
Quelle: WWF