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Planeten – so weit das Auge reicht

Archivmeldung vom 12.01.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.01.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Die künstlerische Darstellung dieser Abbildung vermittelt einen Eindruck davon, wie häufig Sterne der Milchstraße von Planeten umkreist werden. Diese Exoplaneten, ihre Umlaufbahnen und ihre Muttersterne sind im Vergleich zu ihren tatsächlichen Abständen sehr stark vergrößert dargestellt. Ein internationales Wissenschaftlerteam, das im Rahmen einer sechsjährigen Studie mit Hilfe des Mikrogravitationslinseneffekts mehrere Millionen Sternen untersucht hat, konnte zeigen, dass Exoplaneten nicht die Ausnahme, sondern der Normalfall sind.
Quelle: Abbildung: Europäische Südsternwarte (ESO) / M. Kornmesser (idw)
Die künstlerische Darstellung dieser Abbildung vermittelt einen Eindruck davon, wie häufig Sterne der Milchstraße von Planeten umkreist werden. Diese Exoplaneten, ihre Umlaufbahnen und ihre Muttersterne sind im Vergleich zu ihren tatsächlichen Abständen sehr stark vergrößert dargestellt. Ein internationales Wissenschaftlerteam, das im Rahmen einer sechsjährigen Studie mit Hilfe des Mikrogravitationslinseneffekts mehrere Millionen Sternen untersucht hat, konnte zeigen, dass Exoplaneten nicht die Ausnahme, sondern der Normalfall sind. Quelle: Abbildung: Europäische Südsternwarte (ESO) / M. Kornmesser (idw)

Jeder Stern der Milchstraße wird im Schnitt von mindestens einem Planeten umkreist. Das hat ein internationales Astronomenteam, in dem Wissenschaftler des Zentrums für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) eine führende Rolle spielen, mit Hilfe des sogenannten Mikrogravitationslinseneffektes herausgefunden. Die Forscher kommen nach einer umfassenden statistischen Analyse ihrer sechs Jahre dauernden Messungen von mehreren Millionen Sternen zu dem Schluss, dass die Existenz von Planeten im Umfeld anderer Sterne – diese werden als Exoplaneten bezeichnet – nicht die Ausnahme, sondern der Normalfall ist.

In den vergangenen 16 Jahren haben Astronomen mehr als 700 Exoplaneten entdeckt und bereits damit begonnen, die Spektren und Atmosphären von einzelnen dieser fernen Welten zu erforschen. Eine der entscheidenden Fragen ist aber nach wie vor offen: Wie häufig sind Planeten in unserer Milchstraße? Aufgespürt wurde der Großteil der heute bekannten Exoplaneten entweder durch die gravitative Anziehungskraft des Planeten auf seinen Mutterstern oder durch die winzige Abschwächung des Sterns, die zustande kommt, wenn ein Planet auf seiner Umlaufbahn von der Erde aus gesehen direkt vor dem Stern vorbeizieht. In diesen beiden Fällen lassen sich mit der Radialgeschwindigkeitsmethode oder der Transitmethode vor allem Planeten nachweisen, die massereich sind oder nur einen geringen Abstand zum Stern haben. Viele Exoplaneten werden daher bislang einfach übersehen, da sie unterhalb der Nachweisgrenze dieser Methoden liegen.

Prof. Dr. Joachim Wambsganß, Direktor des Zentrums für Astronomie der Universität Heidelberg, und seine Arbeitsgruppe fahnden mit einer anderen Methode nach Exoplaneten: Durch den Mikrogravitationslinseneffekt lassen sich derartige Planeten über die Wirkung ihrer Gravitationsfelder auf das Licht dahinterliegender Sterne nachweisen. Stern und Planet wirken dabei wie eine Linse, die die Lichtstrahlen des Hintergrundsterns zum Beobachter hin fokussiert und ihn so für einige Tage heller erscheinen lässt. Der Verlauf der Helligkeitsänderung, die Lichtkurve, hat eine sehr charakteristische Form. Dabei ist der Einfluss des Planeten oft nur für einige Stunden messbar. Mit dieser Technik ist es möglich, Planeten aufzuspüren, die einen größeren Abstand zum Stern haben und über einen großen Massebereich verteilt sind. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering. „Um ein einziges stellares Mikrogravitationslinsenereignis beobachten zu können, muss die Helligkeit von einigen Millionen Sternen mehrmals pro Woche gemessen werden. Und selbst wenn alle so entdeckten Sterne einen Planeten aufweisen, zeigt sich dieser in weniger als einem Prozent der Fälle“, erläutert Prof. Wambsganß.

„Wir haben die Daten aus sechs Jahren Beobachtungszeit durchforstet. Tatsächlich hat sich dabei herausgestellt, dass Planeten in unserer Milchstraße häufiger vorkommen als Sterne“, sagt der Erstautor des Fachartikels, Dr. Arnaud Cassan, der bis 2010 als Postdoktorand bei Prof. Wambsganß am ZAH forschte und inzwischen am Institut d'Astrophysique de Paris (Frankreich) tätig ist. Die Forschungsergebnisse basieren zu einem großen Teil auf Arbeiten, die Dr. Cassan während seiner Zeit in Heidelberg durchgeführt hat. Für die Untersuchungen nutzten die Wissenschaftler aus Australien, Chile, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan, Kroatien, Neuseeland, Österreich, Polen, Südafrika und den USA – unter ihnen Forscher der Europäischen Südsternwarte (ESO) – Daten der Beobachtungsteams PLANET (Probing Lensing Anomalies NETwork) und OGLE (Optical Gravitational Lensing Experiment).

Die Astronomen haben zwischen 2002 und 2007 immer wieder die Helligkeit von mehreren Millionen Sternen gemessen. Dabei haben sie insgesamt 3.247 durch Sterne erzeugte Mikrogravitationslinsenereignisse entdeckt. Bei drei dieser Lichtkurven wurden eindeutig Planeten nachgewiesen: eine „Supererde“ und jeweils ein Planet mit Neptun-ähnlicher und mit Jupiter-ähnlicher Masse. Das internationale Forscherteam kombinierte die Daten dieser drei Entdeckungen mit denen von sieben weiteren Exoplaneten, die ebenfalls mit dem Mikrogravitationslinseneffekt gefunden worden sind. Hinzugezogen wurde außerdem eine große Zahl von Sternen, bei denen während der sechs Jahre kein Planet nachgewiesen werden konnte. Diese Nicht-Detektionen sind nach den Worten von Dr. Cassan für die statistische Analyse ebenso wichtig wie die entdeckten Planeten.

Durch Vergleich mit intensiven Computer-Simulationen fanden die Wissenschaftler heraus, dass etwa jeder sechste Stern von einem jupiterähnlichen Planeten umkreist wird. Die Hälfte aller Sterne haben danach Planeten mit Neptun-Masse, und zwei Drittel aller Sterne werden von einer „Supererde“ begleitet. Die Studie erfasst dabei Planeten, deren Abstände von ihrem Stern 75 Millionen bis 1,5 Milliarden Kilometer betragen und deren Massen von fünf Erdmassen bis zur zehnfachen Jupiter-Masse reichen.

Quelle: Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (idw)

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