Fledermäuse: Gutes Immunsystem sichert Erfolg bei der Fortpflanzung
Archivmeldung vom 18.05.2012
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtWer gesund ist, hat mehr Elan für die Fortpflanzung. Das gilt auch für die Kleine Hasenmaulfledermaus. Männchen mit einem guten Immunsystem haben mehr Erfolg bei Partnerwahl und Fortpflanzung, als ihre kränkelnden Artgenossen, fanden Forscher des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung heraus.
Bei männlichen Hirschen und Pfauen weiß man: Je mehr Zacken im Geweih bzw. Pfauenaugen im Schweif, umso größer der Erfolg bei den weiblichen Artgenossen. Die „Gute-Gene-Hypothese“ geht davon aus, dass die Attraktivität der Männchen auch mit „guten Genen“ einhergeht, welche an die Nachkommen vererbt werden.
Für eine Spielart der „Gute-Gene-Hypothese“ fanden IZW-Forscher jetzt zum ersten Mal in Panama bei der Kleinen Hasenmaulfledermaus (Noctilio albiventris) Belege, veröffentlicht in der aktuellen Ausgabe der Online-Fachzeitschrift PLoS ONE. Ein Team um Simone Sommer und Christian Voigt konnte nachweisen, dass Männchen mit einer hohen Variabilität von Immungenen des Haupthistokompatibilitätskomplexes (MHC), der für die Abwehr von Parasiten und Krankheitserreger eine wichtige Rolle spielt, sich besser fortpflanzen und ihre guten Gene direkt an die Nachkommen weitergeben. Der wahrscheinliche Grund für den höheren Fortpflanzungserfolg: Die Tiere benötigen weniger Energie für die Abwehr von Krankheitserregern, insbesondere von Parasiten.
Tropische (nicht einheimische) Fledermäuse stehen als Überträger einiger gefährlicher Krankheitserreger wie SARS-, Ebola- oder Nipah-Viren immer wieder im Interesse der Öffentlichkeit. Bei Menschen und Wildtieren können die Erreger manchmal zu schweren Krankheitsverläufen führen. Die Fledermäuse selbst scheinen als Träger nur wenig oder gar keine gesundheitlichen Einschränkungen zu haben. Die Wissenschaftler fragten sich deshalb, inwieweit sich das Immunsystem tropischer Fledermäuse von dem anderer Säugetiere unterscheidet und welche evolutionären Anpassungen sie entwickelten, um sich vor Krankheitserregern und Parasiten zu schützen.
Immungene sind in der Regel hochvariabel, so dass sich selbst Individuen einer Population in ihren immungenetischen Eigenschaften stark unterscheiden. Sie können daher Krankheitserreger unterschiedlich effektiv bekämpfen. Die Forscher konnten zeigen, dass bei der neotropischen Kleinen Hasenmaulfledermaus das Vorhandensein bestimmter Immungene den Schweregrad des Parasitenbefalls durch Zecken und Fledermausfliegen beeinflusst. Vor allem männliche Tiere, die unter einem starken Parasitenbefall litten, besaßen immungenetische Eigenschaften, die ungünstig für die Abwehr von Zecken waren. Sie waren weniger häufig reproduktiv erfolgreich und konnten ihre ungünstigen Gene demnach nicht so häufig weitervererben.
Reproduktiv aktive Männchen dagegen waren weniger stark parasitiert und trugen weniger oft die ungünstigen Immungene. Dies half auch ihren Nachkommen. „Wir fanden es verblüffend, dass sich der Effekt bereits in den Jungtieren der Population zeigte“ kommentiert Julia Schad, die Erstautorin der Studie. Die Nachkommen trugen seltener die unvorteilhaften Immungene und häufiger die günstigen Gene, die bei der Abwehr von Zecken und Fledermausfliegen von Vorteil sind. Die Ergebnisse zeigen, dass Fledermäuse erstaunlich schnell anpassungsfähig reagieren und dass die immungenetischen Eigenschaften bereits in der nachfolgenden Generation besser an die vorherrschenden Parasiten im Sinne einer effektiven Immunabwehr angepasst sind.
Immungene beeinflussen auch den Geruch der Tiere. Über diesen könnten Weibchen die Männchen mit den vorteilhaften Immuneigenschaften bevorzugt zur Paarung wählen, vermutet Simone Sommer. Inwieweit die Ausprägung des Geruchs mit der Variabilität der Immungene zusammenhängt und von den Weibchen bei der Partnerwahl berücksichtigt wird, untersuchen die Forscher in einem weiteren Projekt.
Quelle: Forschungsverbund Berlin e.V. (idw)