Gemeinsame Pressemitteilung von: M.E.E.R. e.V. (Berlin), Gesellschaft zur Rettung der Delphine (GRD, München) und Deutsche Umwelthilfe (DUH, Radolfzell)
Archivmeldung vom 30.01.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittKaum war die Untersuchung des in London verirrten Entenwals abgeschlossen, kam es an der südspanischen Küste zu einer erneuten Strandung von Schnabelwalen. Beim Londoner Wal bestand offenbar kein direkter Zusammenhang mit menschlichen Aktivitäten, jedoch scheinen im Mittelmeer wieder militärische Manöver für den Tod von mindestens vier Walen verantwortlich zu sein.
Vergangenen Donnerstag Abend wurden zwei Cu-vier-Schnabelwale
in der Nähe des südspanischen Ortes Garrucha (Golf von Vera, Provinz
Al-méria) entdeckt, die etwa einen Kilometer voneinander entfernt
gestrandet waren. Freitag früh kamen zwei weitere dazu, und alle Wale
starben. Spezialisten der Universität von Las Palmas (Gran Canaria)
wurden unverzüglich zum Unglücksort gerufen, um die Wale zu
obduzieren.
M.E.E.R. e.V., die Gesellschaft zur Rettung der Delphine (GRD) und
die Deutsche Umwelthilfe (DUH) protestieren seit langem gegen den
Einsatz der militärischen Sonargeräte. "Zumindest solche Gebiete, die
für ein hohes Vorkommen an Walen und Delfinen bekannt sind, müssen
unbedingt verschont bleiben", sagt Fabian Ritter, Biologe beim
Berliner M.E.E.R. e.V.. "Die Verantwortlichen scheinen sich darum
aber oft überhaupt nicht zu kümmern. Erst kürzlich wurde ein
geplantes Manöver in Griechenland in letzter Sekunde nach Protesten
abgesagt, als bekannt wurde, dass es inmitten eines
Meersschutzgebietes stattfinden sollte". Jörg Dürr-Pucher von der
DUH fordert von der Bundesregierung, sich für ein Verbot von
walschädlichen Sonargeräten in europäischen Gewässern stark zu
machen: "Die EU hat bereits eine entsprechende Resolution erlassen".
Obwohl in Südspanien alles an Massenstrandungen erinnerte, die sich
in den letzten Jahren in Amerika, Japan, im Mittelmeer und auf den
Kanarischen Inseln ereigneten und in Verbindung mit Militär-manövern
gebracht worden waren, konnte beim aktuellen Fall zunächst kein
solcher Zusammenhang ausgemacht werden. Das betroffene Meeresgebiet
ist laut wissenschaftlichen Untersuchungen bekannt als Lebensraum für
Schnabelwale, die hier ihre Nahrung reichlich finden. Um ihre Beute -
in größeren Tiefen lebende Kalmare - zu erreichen, haben sich
Schnabelwale auf ausgedehnte Tauchgänge spezialisiert. Wie man seit
kurzem weiß, macht sie das anfällig für die Taucherkrankheit, die
z.B. durch zu schnelles Auftauchen ausgelöst wird.
Bestimmte militärische Sonargeräte stehen im Verruf, solche
lebensgefährlichen "Schreckreaktionen" auszulösen. Durch enorme
Schallpegel von über 220 Dezibel, die diese Geräte ins Meer
projizieren, werden die Wale geschockt und tauchen - wahrscheinlich
in Panik - rasch zur Oberfläche auf. Dabei perlt in ihrem Blut
gelöster Stickstoff aus und schädigt die Gefäße. Innere Blutungen in
den Ohren und im Gehirn führen dann zum Tod der Tiere. Zuvor stranden
sich die Wale oft selbst, vermutlich um dem gewaltigen Lärm zu
entkommen. Erst nach ähnlichen Vorfällen auf den Kanarischen Inseln
2002 und 2004 waren diese Wechselbeziehungen aufgeklärt und ein
eindeutiger Zusammenhang zwischen Militärmanövern und den
Massenstrandungen nachgewiesen worden.
Wie inzwischen verlautete, kreuzten zur Zeit des Unglücks offenbar
Kriegsschiffe in den Gewässern vor der Küste. "Es ist sehr
wahrscheinlich, dass die Wale aufgrund der Manöver strandeten, wenn
die Schiffe tatsächlich Sonar eingesetzt haben", meint Fabian Ritter.
"Jetzt wird wahrscheinlich zunächst versucht, eine Schuld des
Militärs abzustreiten, und dann - wenn die Obduktion der Tiere die
typischen Verletzungen nachweist - einen eventuellen Zusammenhang
einzugestehen. So lief das bisher immer." Ritter vermutet außerdem,
dass mehr Wale starben als nur die gestrandeten: "Einige Wale könnten
auf offener See gestorben sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie
gefunden werden, ist gering. Zumal die Kadaver meistens schnell in
unerreichbare Tiefen absinken. Man muss von einer gewissen
Dunkelziffer ausgehen. Am besten für die Wale und Delfine wäre der
weltweite Verzicht auf die wal-schädliche Sonartechnik".
Quelle: Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe e.V.