Rettungsschirm für Regenwälder?
Archivmeldung vom 20.03.2009
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Freigeschaltet durch Oliver RandakAusgleichszahlungen reicher Industrienationen sollen den Tropenwald erhalten
REDD rettet den Regenwald. So zumindest die Idee. Das Kürzel steht für "Reducing Emissions from Deforestation and Degradation" und könnte Teil einer neuen Klimavereinbarung sein, dem Nachfolger des Kyoto-Protokolls. Und es steht für die Hoffnung, die tropischen Regenwälder vor der vollständigen Vernichtung zu bewahren und so als gewaltigen Kohlenstoffspeicher zu erhalten. Denn je mehr Kohlenstoff in wachsenden Pflanzen gebunden ist, desto weniger gelangt als Kohlendioxid in die Atmosphäre und trägt zum Treibhauseffekt bei. Doch in vielen tropischen Ländern zählt Waldwirtschaft zu den wichtigsten Einkommensquellen, so dass ein "Verdienstausfall" bei Verzicht auf Abholzung unumgänglich ist. Daher basiert die REDD-Idee auf Kompensationszahlungen der reichen Industrienationen an waldreiche Schwellen- und Entwicklungsländer, damit diese ihre Waldbestände schonen. Wie das Konzept genau aussehen könnte diskutieren zurzeit Wissenschaftler auf der internationalen Klimatagung in Kopenhagen.
"Ohne REDD ist die [2007 von der EU] anvisierte Begrenzung der Erwärmung um zwei Grad nicht einzuhalten", sagt Frances Seymour vom Internationalen Waldforschungszentrum CIFOR in Bogor, Indonesien. Sie leitete die gut besuchte REDD-Tagung auf der Kopenhagener Konferenz. Verlust und Schädigung von Regenwaldflächen führen nach Schätzungen des Intergovernmental Panel on Climate Change zu etwa 20 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Auf der anderen Seite zeigt der viel zitierte Nicholas-Stern-Report von 2006, dass der Schutz der Wälder eine kostengünstige Variante zur Reduzierung der Kohlenstoff-Emissionen ist. Viele Staaten stellen daher bereits Geld für das REDD-Konzept bereit oder planen es fest ein. Darunter Australien, Norwegen, die Niederlande und auch Deutschland. Die Mittel warten nun darauf, in eine nachhaltige Waldentwicklung zu fließen. Wie das fertige Konzept aber konkret aussehen soll, weiß allerdings noch niemand so recht. "Egal wie viel Geld schon zur Verfügung steht, es ist allemal zu wenig", sagt Seymour. "Vermutlich benötigen wir 15 bis 35 Milliarden Dollar pro Jahr."
Noch ist unklar, wer das Geld bekommen würde. Die staatlichen Verwaltungen oder lokale Nutzer? Schließlich gehört der Wald den jeweiligen Staaten, privaten Besitzern, Firmen oder auch indigenen Gruppen. Viele andere Fragen sind ebenfalls noch offen. Wie lässt sich zum Beispiel illegaler Holzeinschlag vermeiden und sollen Aufforstungen mit in die Berechnungen einfließen? Immerhin, für die Einschätzungen der gespeicherten Mengen an Kohlenstoff in den Wäldern habe der UN-Weltklimarat IPCC klare Vorgaben herausgegeben, so Seymour, dort erwarte sie keine großen Probleme. Die Konferenzteilnehmer diskutieren auch die Frage, ob REDD Bestandteil des globalen Kohlenstoffhandels werden könnte. Eine Möglichkeit zur Umsetzung des Projektes könnte sein, einen Emissions-Grenzwert für einzelne Staaten festzulegen, unterhalb dessen Länder wie etwa Indonesien ihren Wald weiterhin nutzen können. "Nun muss Vertrauen entstehen", sagt Seymour. "die Entwicklungsländer müssen wissen, dass sie das Geld erhalten und die Industrienationen, wo ihr Geld bleibt".
Verbindliche Vereinbarungen seien der nächste Schritt, so Seymor: "Ich hoffe, dass der Weltklimarat im Dezember einen festen Rahmen für REDD schafft". Bis dahin müssen die Wissenschaftler allerdings noch Antworten auf viele Fragen finden. Obendrein muss das Konzept REDD in der Öffentlichkeit bekannter werden: Noch führt der Suchbegriff selbst im englischsprachigen Onlinelexikon Wikipedia zu einer türkischen Rockband.