Ritterwanze ist Insekt des Jahres 2007
Archivmeldung vom 25.11.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMit der Popularität des Siebenpunkt-Marienkäfers kann die Ritterwanze zwar nicht mithalten, mit dessen schöner rot-schwarzen Färbung schon. Das Kuratorium "Insekt des Jahres" wählte für 2007 eine Wanze, da diese Tiergruppe zu den farbenprächtigsten und interessantesten Insekten gehört.
Es möchte so auch mit dem schlechten Image aufräumen, das den Wanzen wegen der
blutsaugenden Bettwanze anhaftet. Schirmherr für die Ritterwanze, das Insekt des
Jahres 2007, ist der Minister für Ernährung und Ländlichen Raum des Landes
Baden-Württemberg, Peter Hauk MdL. Er lüftete am Freitag (24.11.) persönlich das
Geheimnis im Berliner Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität. Die
Proklamation erfolgte wie im Vorjahr gemeinsam mit den österreichischen
Entomologen.
In Mitteleuropa sind etwa 1.000 Wanzenarten bekannt, und nur
eine Handvoll sind Parasiten wie die unbeliebte Bettwanze. Viele Wanzen leben
räuberisch; die meisten ernähren sich jedoch von Pflanzensäften. So auch unsere
Ritterwanze, Lygaeus equestris, die zu den Bodenwanzen gehört. "Unsere
Ritterwanze ist ein Feinschmecker und nutzt sogar giftige Speisen", so Professor
Holger Dathe vom Deutschen Entomologischen Institut, der Vorsitzende des
Kuratoriums. "Für die jungen Larven sind die Weiße Schwalbenwurz (Vincetoxicum
hirundinaria) und das Frühlings-Adonisröschen (Adonis vernalis) die einzigen
Wirtspflanzen. Beides sind giftige Pflanzen, die nur auf Trockenrasen oder in
lichten Wäldern zu finden sind. So zum Beispiel auf der Insel Rügen sowie in den
Mittelgebirgen bis in die unteren Zonen der Alpen." Die Ritterwanze, die in
Österreich häufiger anzutreffen ist als in Deutschland, ist seltener geworden,
aber nicht vom Aussterben bedroht.
Ritterwanzen sind 8 bis 14 mm groß
und haben einen länglich-ovalen, leicht abgeflachten Körper. Charakteristisch
für sie ist die schwarze kreuzförmige Zeichnung auf der Rückenoberseite. Sie
überwintern als erwachsene Insekten geschützt am Boden, aber auch in unbenutzten
Bruthöhlen von Bienen oder an Steilwänden. Sobald die Tage länger werden und die
Sonne wärmer wird, verlassen sie ihre Winterquartiere. Nach der Paarung, die bis
zu 24 Stunden dauern kann, legen die Weibchen nach und nach rund 60 Eier in
kleinen Gruppen im Boden ab. Die jungen Larven schlüpfen nach circa einem Monat.
Sie häuten sich fünfmal, bevor sie nach etwa 40 Tagen ausgewachsen und flugfähig
sind. Die älteren Larven sind weniger wählerisch bei der Wahl ihrer Nahrung und
können auch an Löwenzahn gefunden werden. Sie saugen vor allen an unreifen Samen
oder reifen, abgefallenen Samen. Ritterwanzen leben in der Regel eine
Saison.
Unser Insekt des Jahres 2007 kann mit der ähnlich aussehenden,
ebenfalls rot-schwarz gefärbten Feuerwanze verwechselt werden, die auch
Stadtbewohnern gut bekannt ist. Vor allem unter Linden, aber auch unter
Rosskastanien sammeln sich oft Hunderte dieser Tiere an. Feuerwanzen,
fälschlicherweise oft als "Feuerkäfer" bezeichnet, sind ebenfalls vorwiegend
Pflanzensauger. Auch wenn sie in Massen auftreten, verursachen sie keine
nennenswerten Schäden.
Professor Urs Wyss von der Universität Kiel
präsentierte während der Pressekonferenz einen Film, der die doch eher
unbekannte Ritterwanze ins rechte Licht rückt und interessante, neue Einblicke
aus ihrem Leben zeigt.
Wie in jedem Jahr gibt es ein Faltblatt mit wichtigen
Informationen und zahlreichen Bildern zum Insekt des
Jahres.
Hintergrundinformationen zu Wanzen:
Wanzen lassen sich leicht
an ihrem dreieckigen Schildchen erkennen, das hinter dem oft großen Halsschild
ansetzt. Beide Flügelpaare sind ausgebildet, wobei der hintere Teil der
Vorderflügel weich und häutig wie bei Stubenfliegen ist und nur der vordere fest
wie bei Käfern. Diesem Merkmal verdanken die Wanzen ihren wissenschaftlichen
Namen Heteroptera (hetero - ungleich, pteron - Flügel). Mit ihren
stechend-saugenden Mundwerkzeugen können Wanzen nur flüssige Nahrung aufnehmen.
Typisch für viele Wanzen ist ihr Geruch. Er kann sehr unangenehm und stechend
sein; bei unserer Ritterwanze ist er eher dezent und angenehm. Die Duftstoffe
locken Sexualpartner an, dienen dem Zusammenhalt von Gruppen oder wehren Feinde
ab und signalisieren zusammen mit der rot-schwarzen Färbung Fressfeinden, dass
sie ungenießbar sind.
Alle Wanzen machen eine unvollständige Entwicklung
durch. Das heißt, nach jeder Häutung werden die Larven ein wenig größer und dem
erwachsenen Tier immer ähnlicher. Auch die Flügel entwickeln sich allmählich und
sind erst beim erwachsenen Tier voll ausgebildet. Ein Puppenstadium, wie wir es
von Schmetterlingen oder Käfern kennen, gibt es bei Wanzen nicht.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.