Deutsche Umwelthilfe fordert sofortigen Verkaufsstopp für den Fiat 500x MultiJet und alle weitere Diesel-Pkw mit Abschalteinrichtungen
Archivmeldung vom 23.05.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIm Februar 2016 hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) in Bern Abgasmessungen an einem Fiat 500X (Euro 6, EZ 2015, 4.400 km Laufleistung) durchgeführt. Dabei wurden bis zu 22-fache Grenzwertüberschreitungen bei den NOx-Emissionen festgestellt sowie klare Hinweisen auf das Vorhandensein verbotener Abschalteinrichtungen gefunden.
Drei Monate nach Übermittlung des Prüfberichts leitete das Bundesverkehrsministerium (BMVI) das Verfahren zur Aberkennung der Typzulassung ein. Mit dem am 20.5.2016 an Italien und die EU-Kommission verschickten Prüfbericht mit dem Titel 'Unzulässige Abschalteinrichtungen beim Fiat 500X' stellt das Verkehrsministerium einen Verstoß gegen das Typzulassungsrecht fest. Nach Artikel 30 der EU-Richtlinie 2007/46/EG kann Deutschland ein solches Verfahren nur einleiten, wenn die Nichtübereinstimmung mit der Richtlinie zuvor zweifelsfrei festgestellt wurde.
"Wir fordern von Fiat Deutschland Chef Giorgio Gorelli einen sofortigen Verkaufs- und Auslieferungsstopp für den Fiat 500x MultiJet 2.0 und alle weiteren Diesel-Pkw mit verbotenen Abschalteinrichtungen", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Die DUH hatte am 3. und 4. Februar 2016 in Bern die NOx-Emissionen des Fiat 500x im Rahmen von insgesamt vier offiziellen Prüfzyklen des NEFZ überprüft. Dabei stellte sich heraus, dass die NOx-Emissionen im betriebswarmen Zustand um den Faktor 6,5 bis 13-mal höher waren als im kalten Betriebszustand. Diese klaren Indizien für das Vorhandensein verbotener Abschalteinrichtungen wurden von der DUH am 9.2.2016 veröffentlicht und dem Verkehrsministerium, der italienischen Regierung, der EU-Kommission sowie der Environmental Protection Agency (EPA) in Washington zur Verfügung gestellt. Die DUH forderte Verkehrsminister Dobrindt mit einem Schreiben vom 10.2.2016 auf, "die Typzulassung des Fiat 500x 2.0 MJ 4x4 zu überprüfen". Im Rahmen dieser vom BMVI durchgeführten Nachprüfung (die sich nicht im Bericht der Untersuchungskommission VW vom 22.4.2016 findet) bestätigten sich die DUH-Vermutungen: Fiat nutzt für die Motorsteuerung eine Bosch-Software. In dieser wurden neben Temperaturabschaltungen knapp unter + 20 Grad Celsius zwei weitere eindeutig illegale Abschalteinrichtungen gefunden. So schaltet die Abgasreinigung nach 1.300 Sekunden (nach knapp 22 Minuten, der NEFZ-Prüfzyklus dauert ca. 20 Minuten) und nach sechs Regenerationen des NOx-Speicherkats ab. Gegen Bosch, als das für die Motorsteuersoftware verantwortliches Unternehmen, wurden von den Behörden nach Information der DUH gesonderte Verfahren eingeleitet.
Bei allen vier am 3. und 4.2.2016 in Bern auf dem Rollenprüfstand gefahrenen NEFZ-Tests mit betriebswarmem Motor, bei dem normalerweise die Abgasemissionen niedriger ausfallen, wies der Fiat sehr hohe NOx-Emissionen auf. Die Werte überschreiten den geltenden Grenzwert für Euro 6 Fahrzeuge um das elf- bis mindestens 22-fache mit einem ausgewiesenen Wert von 1.777 mg NOx/km. Bei den Messungen dieses SUV wurde häufig der Messbereich des Labormessgerätes für Stickoxide überschritten - die tatsächlichen NOx-Emissionen waren somit noch höher. Das Fahrzeug meldete während oder nach den Tests keinen so genannten "OBD-Fehler" (On-Board-Diagnose) über die Warnlampe. Insgesamt wurden acht Prüfungen, davon vier nach dem Prüfzyklus NEFZ, auf dem Rollenprüfstand gefahren. Nur bei den beiden NEFZ-Messungen im "kalten" Fahrzeugzustand und mit einer speziellen Konditionierung am Vortag wurden wie erwartet mit 133 bzw. 105 mg NOx/km relativ niedrige Werte nahe dem Euro 6 Grenzwert von 80mg NOx/km gemessen.
Die DUH hatte bereits am 9. Februar 2016 einen Verstoß gegen das EU-Zulassungsrecht wie folgt beklagt: "Die gemessenen NOx-Emissionen des Fiat 500X stellen einen klaren Verstoß gegen das EU-Zulassungsrecht dar. In den vergangenen vier Monaten haben wir bei Opel, Renault, BMW und Mercedes stark erhöhte Stickoxid-Emissionen und zum Teil implizit eingestandene Abschalteinrichtungen aufgedeckt. Mit dem Fiat 500X reiht sich nun ein italienisch-amerikanischer Automobilkonzern in den Kreis der schmutzigen Dieselhersteller ein. Damit mutiert der VW-Skandal endgültig zum Diesel-Skandal nicht nur deutscher Hersteller", erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch Anfang Februar. "Die verantwortlichen Vorstände der Unternehmen, die in vollem Wissen der extrem erhöhten Stickoxid-Emissionen unter normalen Fahrbedingungen derart schmutzige Diesel-Pkw verkaufen, machen sich tausendfacher vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge schuldig."
Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. (ots)