Ungleichmäßige Ausbreitung von Erdbebenwellen
Archivmeldung vom 11.04.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittErdbebenwellen breiten sich bei ihrem Lauf durch die Erdkugel nicht gleichmäßig aus. Jetzt konnte experimentell nachgewiesen werden, dass im unteren Erdmantel zwischen 660 und 2900 km Tiefe die Geschwindigkeit der Scherwellen (S-Erdbebenwellen) sehr stark von der Ausrichtung des Minerals Ferroperiklas abhängt.
Wissenschaftler vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ, der Universität
Karlsruhe, der Universität Bayreuth und der Arizona State University
berichten in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Science" (Nr. 325,
10.04.2009.) über unerwartete Eigenschaften dieses vermutlich
zweithäufigsten Minerals des unteren Erdmantels.
"Ab einem Druck von etwa 50 Giga-Pascal, was rund 1300 Kilometer
Erdtiefe entspricht, zeigt sich eine besonders starke
Richtungsabhängigkeit der Wellenausbreitung, was auf eine elektronische
Strukturänderung der Eisenionen im Ferroperiklas zurückzuführen ist",
sagt dazu Hauke Marquardt vom GFZ. Darüber hinaus kommt es zu einer
bevorzugten Orientierung des Minerals aufgrund von Fließbewegungen im
unteren Mantel. Daraus resultiert die meßbare ungleichmäßige
Ausbreitung von Erdbebenwellen. Diese Fließbewegungen sind die
treibende Kraft hinter tektonischen Plattenbewegungen,
Gebirgsbildungen, Erdbeben und vulkanischen Aktivitäten und bestimmen
damit maßgeblich unser Leben auf der Erdoberfläche.
Da das tiefe Erdinnere direkter Beobachtung nicht zugänglich ist, holen
die Wissenschaftler die Erde ins Labor. Dazu erzeugen sie Drücke, wie
sie im Erdmantel vorkommen. Mittels Diamantstempelzellen werden die
Hochdruck-Experimente am GFZ durchgeführt, ergänzt werden diese
Untersuchungen mit Röntgenbeugungsexperimenten an der Synchrotronquelle
"Diamond Light Source" in Didcot, England.
Die neuen Erkenntnisse haben praktischen Wert: Annahmen über das
Gesteinsmaterial tief im Erdinnern sind notwendig, um die
Fließbewegungen im unteren Erdmantel aus der messbaren
Richtungsabhängigkeit der S-Wellengeschwindigkeiten abzuleiten und so
plattentektonische Prozesse besser zu verstehen.
Quelle: Informationsdienst Wissenschaft e.V.