Chemiehalde Mittelmeer
Archivmeldung vom 29.08.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Schwertfische (Xyphias gladius) im Mittelmeer sind mit giftigen Chemikalien belastet. Eine vom WWF herausgegebene Studie der italienischen Universität Siena konnte erstmals bromierte Flammschutzmittel in den begehrten Speisefischen nachweisen. Diese extrem langlebigen Chemikalien stecken beispielsweise in Elektrogeräten und Teppichen.
"Schwertfische sind Räuber am Ende der Nahrungskette. Die bedenklichen Ergebnisse der Studie sind ein klares Indiz für die hohe Giftbelastung des Mittelmeeres", bilanziert WWF-Chemikalienexpertin Karoline Schacht. "Gefährliche Chemikalien aus Computern oder Fernsehern, die praktisch jeder Haushalt nutzt, finden wir am Ende in der Umwelt und damit auch in unserer Nahrung."
Die WWF-Studie weist auch das längst verbotene Pestizid DDT in den Schwertfischen nach. Der Großteil der bromierten Flammschutzmittel darf schon seit 2004 in Europa nicht mehr verarbeitet werden. Insgesamt entnahmen die italienischen Wissenschaftler Proben von 17 Schwertfischen und testeten diese auf 28 synthetische Substanzen. Pestizide befanden sich in allen Proben, Flammschutzmittel lagen nur in einer Probe unterhalb der Nachweisgrenze. Die gefundenen Chemikalien verursachen vermutlich hormonelle Störungen, Verhaltensänderungen und beeinträchtigen die Fortpflanzung. Sie reichern sich im Blut an. Professor Silvano Focardi von der Universität Siena warnt: "Bisher wird im Mittelmeer vor allem das Vorkommen älterer Chemikalien beobachtet. Wir wissen fast nichts über die Konzentrationen neuerer Chemikalien wie den bromierten Flammschutzmitteln und den damit verbundenen Folgen für die Tierwelt. Es wird Zeit, dass wir Licht in das Dunkel bringen." Mit der neuen Studie sei ein Anfang gemacht.
"Im Mittelmeer sammelt sich der unsichtbare chemische Müll der Wohlstandsgesellschaft", so der WWF. 59 Millionen Menschen leben rund um das Mittelmeer. Eine starke Industrie, eine intensive Landwirtschaft, die zunehmende Schifffahrt und auch Katastrophen wie die aktuelle Ölpest vor den Küsten des Libanon und Syriens führen zu einer steigenden Belastung mit Umweltgiften. Viele der jetzt in den Schwertfischen gefunden Substanzen wurden bereits in verschiedenen Delfinarten des Mittelmeeres nachgewiesen. In anderen Teilen der Welt wurden sie auch schon in Eisbären, Walen und Seevögeln entdeckt.
Die neue Studie zeigt einmal mehr, so der WWF, dass die bisherige
Chemiepolitik der Europäischen Union nicht ausreicht, um die Verbreitung
giftiger Chemikalien zu stoppen. Der WWF fordert deshalb, dass die neue
europäische Chemikalienrichtline REACH zu einem Verbot der gefährlichsten
Umweltgifte führen muss. Der bisherige Entwurf müsse entsprechend nachgebessert
werden. REACH soll noch in diesem Jahr von der EU verabschiedet werden.
Quelle: Pressemitteilung WWF