Gutachten im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe zeigt: Klimaschäden durch LNG-Importe werden massiv unterschätzt
Archivmeldung vom 25.01.2023
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Freigeschaltet durch Mary SmithLaut eines Gutachtens des Forschungsunternehmens EnergyComment im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sind bei zahlreichen Erdgasquellen die Leckagen weitaus höher als bisher angenommen. Bei der Produktion und Lieferung des fossilen Gases entweichen bei vielen Lieferketten über drei Prozent der produzierten Gasmenge als Methan in die Atmosphäre. Weil Methan aber 83 Mal klimaschädlicher ist als CO2, erhitzen diese ungewollten Methan-Emissionen das Klima noch stärker als die Emissionen aus der späteren Verbrennung des Gases zur Energiegewinnung. Eine im Durchschnitt besonders schlechte Klimabilanz weisen LNG-Lieferungen aus den USA auf, die derzeit massiv zunehmen. Insbesondere bei Fracking-Feldern treten hier teils Methanverluste von über zehn Prozent auf.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, kommentiert: "Die Klimaschäden in der Vorkette unserer Gasversorgung werden von der Bundesregierung und Gaswirtschaft bewusst ausgeblendet, dabei tragen sie massiv zur Klimaerhitzung bei. Solange wir klimaschädliches Erdgas nutzen, müssen Bundesregierung und Unternehmen zumindest die Gasquellen mit den geringsten Emissionen auswählen. Dafür brauchen wir eine Beschaffungsstrategie, die Importeure verpflichtet, fossiles Gas nur aus bestehenden Quellen zu beziehen und den Methanausstoß in der Lieferkette auf ein Minimum zu beschränken. Darüber hinaus müssen lokale Folgen der Gasförderung für den Naturschutz sowie für Menschenrechte beachtet werden. Gleichzeitig ist klar, dass wir schnellstmöglich ganz aus der fossilen Gasnutzung aussteigen müssen. Dafür brauchen wir einen nationalen Gasausstiegsplan."
Das Gutachten empfiehlt, nach dem Abflauen der aktuellen Notlage den fossilen Gasverbrauch Deutschlands so rasch wie möglich auf ein Niveau zu senken, das allein durch die norwegischen Gaslieferungen gedeckt werden kann. Norwegisches Pipeline-Gas hat laut Gutachten den geringsten Methanausstoß. So können die Emissionen bis zum endgültigen Gasausstieg bestmöglich reduziert werden.
Steffen Bukold, Autor des Gutachtens und Leiter EnergyComment, kommentiert: "Deutschland steckt mitten in einem gaspolitischen Neuanfang. Jetzt werden die Weichen für die zukünftigen Gasimporte gestellt. Gleichzeitig wird immer deutlicher, in welchem Umfang die Methan-Emissionen der globalen Gasversorgung das Klima schädigen. Jetzt gilt es, beide Herausforderungen miteinander zu verbinden und Lieferketten aus Regionen zu wählen, die klimapolitisch das beste Profil aufweisen. Die Studie liefert dafür zahlreiche Hintergrundinformationen und gibt konkrete Empfehlungen."
Hintergrund:
Methan ist das zweitwichtigste Treibhausgas nach CO2. Es ist laut Weltklimarat (IPCC) für etwa 0,5 Grad Celsius der globalen Erwärmung verantwortlich. Über 20 Jahre betrachtet ist es 83 Mal klimaschädlicher als CO2. Es wirkt damit wie ein Booster für die Klimakrise und birgt die Gefahr, dass wir kurzfristig gefährliche Klimakipppunkte erreichen. Umgekehrt kann mit einer Reduktion der Methan-Emissionen kurzfristig beim Klimaschutz viel erreicht werden.
Ein wichtiges Ergebnis des Gutachtens ist, dass zahlreiche Lieferketten Methanverluste von über 3 Prozent der produzierten Gasmenge aufweisen, womit größere Klimaschäden in der Produktion und Lieferung fossilen Gases entstehen als bei dessen Verbrennung in deutschen Kraftwerken. Die Lieferketten unterscheiden sich enorm in der Höhe der auftretenden Methanverluste. Während bei Pipelinegas aus Norwegen lediglich 0,02 Prozent Methanemissionen auftreten, entweichen allein bei der Förderung in Nigeria und Algerien über 6 Prozent und bei Fracking-LNG aus den USA teils über 10 Prozent des Gases in die Atmosphäre.
Das Gutachten erstellt auch ein Ranking der verfügbaren Gasquellen, und liefert damit konkrete Vorschläge zur Optimierung der deutschen Gaslieferketten. Zentrale Empfehlungen des Gutachtens ist, den deutschen Gasverbrauch nach der aktuellen Notlage schnellstmöglich auf ein Niveau zu senken, dass rein durch norwegisches Pipelinegas gedeckt werden kann. In einer Übergangsphase sollte bei LNG-Lieferungen zertifiziertes US-LNG beim Einkauf bevorzugt werden, da bei diesem viel weniger Methanemissionen in der Vorkette vorkommen als bei nicht-zertifizierten Lieferungen.
Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. (ots)