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Doppelt effektiv: Das Schwammstadt-Prinzip mit Bäumen

Archivmeldung vom 01.02.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.02.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Blick auf die im Bau befindliche Seestadt Aspern Bild: Bund deutscher Baumschulen (BdB) e.V. Fotograf: ENA/BdB/Pixabay
Blick auf die im Bau befindliche Seestadt Aspern Bild: Bund deutscher Baumschulen (BdB) e.V. Fotograf: ENA/BdB/Pixabay

Seit den jüngsten Rekordsommern - mit starker Hitze und Trockenheit sowie Extrem-Niederschlägen - wird oft als ein Problemlöser für verdichtete Städte die "Schwammstadt" genannt. Das heißt, Regenwasser wird, statt ungenutzt in die Kanalisation zu fließen, in unversiegelte Flächen oder Sickerbecken geleitet und zwischengespeichert.

Ideal ist dabei die Kombination mit Bäumen, wie sie aktuell in Österreich angewandt und weiterentwickelt wird. Ein Pionierprojekt entstand 2017 am Wiener Stadtrand mit der Seestadt Aspern im "Quartier am Seebogen". Dort wurde auf 22 000 Quadratmetern ein neues duales Entwässerungssystem nach dem "Schwammstadt-Prinzip für Bäume" konzipiert. Denn "Bäume sind die besseren Schwämme", erklärt der Wiener Daniel Zimmermann.

Mit seinem Büro '3.0 Landschaftsarchitektur' sowie diversen Partnern entwickelte er - nach schwedischem Vorbild - die innovative Fusion von ökologisch orientierter grüner und blauer Infrastruktur. "Damit Bäume optimal wachsen können, brauchen sie viel mehr Volumen, meist ist der Untergrund überverdichtet und durch Leitungen und Rohre dominiert". Zudem seien die meisten Straßenbäume bislang eingekerkert in viel zu kleinen Pflanzlöchern, als dekorative Elemente misshandelt worden. "Ist zu wenig Wurzelraum im Untergrund, entwickelt sich ein Straßenbaum viel schlechter und hat nur 20 bis 30 Jahre Lebenserwartung, das ist viel zu kurz".

Gerechtigkeit im Untergrund

Bei dem Projekt in Wien-Aspern erhalten die 330 Bäume nun mehr "Gerechtigkeit im Untergrund", so der Landschaftsarchitekt. Ausgewählt wurden zehn zukunftsfähige klimataugliche Arten wie Amerikanische Weißesche, Resista-Ulme, Ungarische Linde, fruchtlose Maulbeere und Feld-Ahorn, die teilweise auch auf der Zukunftsbaumliste der deutschen Gartenamtsleiterkonferenz GALK zu finden sind. Duale Tiefbeete aus Beton, die in einem unterirdischen Mehrkammer-System drei Becken vereinen, sorgen für die geplante Gerechtigkeit. Nach Vorreinigung in zweien steht im dritten Becken dann das aufbereitete Wasser dem Baum zur Verfügung.

Auch in Trockenperioden, da die Becken als sogenannte Retentionsräume die Niederschläge aufsaugen und sammeln. Der Untergrund ist gefüllt mit einer Mischung aus Grobschlag und Feinsplitt, Substraten und Pflanzkohle. Dieser Mix garantiert ein luft- und wasserdurchlässiges Porensystem für optimale Durchwurzelung. "Jeder Baum hat ein Pflanzloch von mindestens 35 Kubikmeter". Je größer der Wurzelraum sei, desto länger lebe der Baum, bleibe gesund und desto besser entwickle sich die Krone. Die sei aus zwei Gründen wichtig: "Großkronige Bäume sind wichtige Schattenspender", zusätzlich wirkten sie besser als jede Nebeldusche durch den kühlenden Verdunstungseffekt der Blätter, "ohne Wartungsaufwand und Vorschriften für die Technik". Seine Prognose: Nach etwa zehn Jahren böten die in Aspern gepflanzten Bäume schon 20 Prozent Überschattung, später rechne man sogar mit bis zu 40 Prozent.

Ein perfekter Kreislauf

Während der Unterbau so optimale Wachstumsbedingungen schafft und gleichzeitig technisch den Anforderungen des Straßenbaus entspricht, weist die Oberflächengestaltung um den Baum durch passende Bepflanzung auf die "Schwammstadt-Körper" hin. So sind mit diesem System gepflanzte Stadtbäume eine zweifach natürliche Versicherung gegen Wetterextreme: Hitze-Inseln werden reduziert oder vermieden und es gibt eine Überflutungsvorsorge, um das Risiko bei extremen Niederschlägen zu mindern. Also nicht nur lokaler Hochwasserschutz, sondern Wasserrückhalt, der wiederum den Bäumen nutzt - ein perfekter Kreislauf. Ein wissenschaftliches Monitoring begleitet aktuell das System in Aspern. Zimmermann, Gründungsmitglied des "Arbeitskreises Schwammstadt", ist zuversichtlich, dass trotz der Anfangs-Investitionen das Wiener Modell weit über Österreich hinaus Schule machen wird: "Klimawandel-Anpassung ist das Gebot der Stunde, wir Landschaftsarchitekten schaffen das - mit Hilfe der Bäume. Wir brauchen aber mehr Unterstützung und angewandte Feldforschung, wie bei unserem Projekt in Graz, 'Multifunktionaler Wurzelraum' (MUFUWU)".

Das Wiener Pilotprojekt der "Schwammstadt für Bäume" ist somit ein weiteres Lösungsmodell, um die Entwicklungen in Richtung grüne Städte voranzutreiben.

Mehr grüne Städte für Europa

Das "Mehr grüne Städte für Europa" Projekt wirkt als Plattform für die Begrünung des Stadtraums. Ziel ist es, innovative Ideen an kommunale Entscheider, Stadtplaner, Landschaftsarchitekten sowie Garten- und Landschaftsbauer heranzutragen, sie mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und technischer Expertise zum Thema zu versorgen und für eine grüne Stadtentwicklung zu begeistern.

Der europäischen Baumschulverband ENA ist Initiator des Folgeprojekts zu "Grüne Städte für ein nachhaltiges Europa", welches von 2018 bis 2020 durchgeführt wurde. In Deutschland wird Mehr Grüne Städte für Europa vom Bund deutscher Baumschulen (BdB) e.V. betreut.

Quelle: Bund deutscher Baumschulen (BdB) e.V. (ots)

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