Geplante E40-Wasserstraße könnte Millionen von Menschen einem erhöhten Strahlenrisiko aussetzen
Archivmeldung vom 23.04.2020
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Freigeschaltet durch André OttDie Regierungen von Belarus, Polen und der Ukraine riskieren die Gesundheit von Millionen von Menschen, wenn sie den Bau einer 2.000 Kilometer langen Wasserstraße von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer weiter verfolgen.
Die französische Nichtregierungsorganisation Association pour le Contrôle de la Radioactivité dans l'Ouest(ACRO) veröffentlichte heute eine Studie über die Auswirkungen radioaktiver Strahlung, falls die sogenannten E40-Wasserstraße realisiert wird.
Der Bau der Wasserstraße erfordert das Ausbaggern innerhalb der Sperrzone von Tschernobyl und hätte nach Ansicht der Wissenschaftler schwerwiegende Folgen:
- Kontaminierte Sedimente würden erneut aufgewühlt, die nach Empfehlung der Internationalen Atomenergiebehörde ungestört bleiben sollten;
- Bauarbeiter wären gefährlichen Strahlungsniveaus ausgesetzt;
- Millionen von Menschen würden durch radioaktiv verseuchtes Wasser einem erhöhten Strahlenrisiko ausgesetzt und
- mehrere Strahlungs-Hotspots würden gestört.
Atomphysiker David Boilley, Präsident von ACRO und einer der Autoren der Studie, steht den Plänen zum Bau der E40-Wasserstraße sehr skeptisch gegenüber: "Die Ergebnisse unserer Radioaktivitätsanalyse zeigen, dass der Bau der E40-Wasserstraße durch die Sperrzone von Tschernobyl nicht vertretbar ist. Sie stellen das gesamte Projekt infrage."
Trotz dieser Risiken schreiten die Planungen für den Bau der E40-Wasserstraße in der Ukraine und in Belarus voran. In offiziellen Studien, wie der Machbarkeitsstudie 2015, die von den Befürwortern der E40-Wasserstraße in Auftrag gegeben wurde, sind die Auswirkungen der radioaktiven Strahlung nicht ausreichend berücksichtigt worden. Aus diesem Grund beauftragte Save Polesia , eine gemeinsame Initiative der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt und fünf weiteren Organisationen, David Boilley und seine Kollegen mit der Studie.
Die E40-Wasserstraße würde nur 2,5 Kilometer vom Atomreaktor in Tschernobyl entfernt verlaufen. Vor 34 Jahren, am 26. April 1986, machte Tschernobyl weltweit Schlagzeilen, als dort ein Atomreaktor explodierte. Ein riesiges Gebiet in Belarus und der Ukraine wurde dabei radioaktiv verseucht und ist bis heute einer der am stärksten verstrahlten Orte der Erde.
Der Bau der E40-Wasserstraße würde nicht nur die Gesundheit von Menschen gefährden, sondern auch das Herz von Europas größtem Wildnisgebiet zerschneiden, der Polesie. Sie erstreckt sich im Grenzgebiet von Belarus, Polen, Russland und der Ukraine und wird auch das Amazonasgebiet Europas genannt. Ihre unberührten Flüsse, darunter der mehr als 750 Kilometer lange Pripyat, riesige Überschwemmungs- und Feuchtgebiete beherbergen einige der arten- und kulturreichsten Regionen Europas. Eine riesige Vielfalt an Wildtieren, großen Säugetieren wie Wisente, Braunbären und Luchse sind hier zuhause, und auch zahlreiche Vögel wie zum Beispiel der weltweit bedrohte Seggenrohrsänger. Außerdem ist die Polesie ein wichtiges Rastgebiet für Millionen von Zugvögeln.
Quelle: Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ots)