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Intensive Landwirtschaft verschlechtert Klimabilanz

Archivmeldung vom 24.11.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.11.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Schlechte Bilanz: Um zu berechnen, ob die Landschaft Europas Treibhausgase speichert oder freisetzt, haben Klimaforscher erstmals auch Methan- und Stickoxidemissionen aus der Viehhaltung und intensiven Landwirtschaft berücksichtigt. Demnach setzen Wälder, Gras- und Ackerland vor allem in Mitteleuropa unterm Strich Treibhausgase frei (in Kohlendioxid-Äquivalenten/ rote Färbung). Auf diese Weise nivellieren sie fast völlig den Effekt, den etwa russische Wälder als Kohlendioxidspeicher ausüben (blaue Färbung). Bild: CarboEurope Team
Schlechte Bilanz: Um zu berechnen, ob die Landschaft Europas Treibhausgase speichert oder freisetzt, haben Klimaforscher erstmals auch Methan- und Stickoxidemissionen aus der Viehhaltung und intensiven Landwirtschaft berücksichtigt. Demnach setzen Wälder, Gras- und Ackerland vor allem in Mitteleuropa unterm Strich Treibhausgase frei (in Kohlendioxid-Äquivalenten/ rote Färbung). Auf diese Weise nivellieren sie fast völlig den Effekt, den etwa russische Wälder als Kohlendioxidspeicher ausüben (blaue Färbung). Bild: CarboEurope Team

Die intensive Landwirtschaft in der EU setzt so viel Klima schädigende Stickoxide und Methan frei, dass der positive Effekt von Wäldern, Grasland und Torfmooren als Kohlenstoff-Speicher gegen Null geht. Das berichtet eine europäische Forschergruppe um Ernst-Detlef Schulze vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena.

Von allen globalen Kohlendioxid-Emissionen gelangt weniger als die Hälfte in die Atmosphäre und trägt dort zur globalen Erderwärmung bei. Der Rest wird in den Ozeanen und terrestrischen Ökosystem wie Wäldern, Graslandschaften und Torfmooren gespeichert. Vor allem Pflanzen nehmen, indem sie wachsen, viel Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) auf. "Daher war man bislang der Überzeugung, die terrestrischen Ökosysteme Europas wirkten sich auf die Treibhausgasbilanz Europas positiv aus", sagt Ernst-Detlef Schulze vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena. Doch das stimmt nicht, wie er gemeinsam mit Wissenschaftlern aus 17 europäischen Ländern, die in dem Projekt CarboEurope kooperieren, festgestellt hat.

Methan und Stickoxide - starke Treibhausgase, die bei der Viehhaltung und intensivem Ackerbau freiwerden - beeinträchtigen die Treibhausgas-Bilanz Europas nämlich erheblich. Sie wiegen den positiven Effekt, den vor allem Wälder als Kohlendioxidspeicher ausüben, nahezu auf. Zu diesem Ergebnis kommt das internationale Forscherteam, nachdem sie die erste, vollständige Treibhausgasbilanz Europas für die Jahre 2000 bis 2005 aufgestellt und dabei neben Kohlendioxid erstmals auch Methan und Stickoxide berücksichtigt haben.

Europäische Wälder und Grasland nehmen rund 305 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr auf - das entspricht rund 19 Prozent der Emissionen, die durch die Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas entstehen. Doch intensive Landwirtschaft und trockengelegte Moore geben wiederum Kohlendioxid an die Atmosphäre ab und verschlechtern so die Kohlendioxidbilanz. Der europäische Kontinent speichert daher netto nur 274 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr - das sind 15 Prozent der Emissionen fossiler Brennstoffe.

Doch diese Bilanz fällt immer noch zu positiv aus - denn sie vernachlässigt andere Treibhausgase wie beispielsweise Stickoxide oder Methan. Dieses Manko beheben nun die Wissenschaftler um Detlev Schulze. Sie kommen dabei zu dem Ergebnis, dass diese bislang vernachlässigten Emissionen fast den gesamten Effekt des Kohlenstoff-Speichers zunichte machen. Unterm Strich kompensieren die Pflanzen in allen terrestrischen Ökosystemen demnach nur rund zwei Prozent der Kohlendioxid-Emissionen aus Haushalten, Verkehr und Industrie. Und diesen kleinen Effekt hat Europa vor allem den östlichen Ländern wie Russland zu verdanken.

In den 25 Staaten der Europäischen Union fällt die Bilanz noch ernüchternder aus. Hier nehmen Wälder und Grasland zwar 13 Prozent der Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger auf. Die intensive Landwirtschaft und der Abbau von Torf reduzieren die Netto-Menge an Kohlendioxid, die diese Ökosysteme aufnehmen, auf elf Prozent der Emissionen aus fossilen Brennstoffen. Selbst diesen Effekt machen aber die Methan- und Stickoxid-Emissionen aus der intensiven Landwirtschaft vor allem in Mitteleuropa - in Großbritannien, Deutschland, Frankreich und den Benelux-Ländern - zunichte. Schlimmer noch: Sie führen dazu, dass die Landoberfläche in der Europäischen Union gar kein Treibhausgas speichert, sondern sogar Treibhausgase, die 34 Millionen Tonnen Kohlendioxid entsprechen, freisetzen.

Als Ausweg sieht Ernst-Detlef Schulze nur eine Änderung in der Bewirtschaftung der europäischen Landschaft: "Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir Land anders als bislang nutzen müssen, wenn die europäische Landschaft dazu beitragen soll, die globale Erwärmung abzuschwächen", sagt er: "Methan und Stickoxide sind derart starke Treibhausgase, dass wir eine Bewirtschaftung erreichen müssen, die weniger dieser Treibhausgase freisetzt."

Quelle: Max-Planck-Institut für Biogeochemie, Jena

 

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