Jäger wollen nicht mehr Rehe schießen
Archivmeldung vom 16.01.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittViele fränkische Jäger schütteln den Kopf, wenn sie an den Abschussplan denken: Es ist ihnen unmöglich, so viele Rehe zu schießen, wie die Jagdbehörden es von ihnen verlangen. Einige Jagdreviere haben aus diesem Grund nun sogar beantragt, dass die Schonfrist für Rehwild aufgehoben wird. Davon hält man in der Hegegemeinschaft Leinleitertal Jura Süd allerdings nichts.
"Wenn wir Rehwild bejagen, dann nur, um ein natürliches Gleichgewicht von Wild
und Wald zu gewährleisten. Aber wir werden keine Tiere schießen, um unsinnige
bürokratische Forderungen zu erfüllen", sagt Klaus Philipp, Leiter der
Hegegemeinschaft Leinleitertal Jura Süd. Er lehnt es ab, die Schusszeiten für
das Rehwild zu verlängern. Denn die Schonzeiten sind aus Gründen des
Tierschutzes gesetzlich geregelt und können nur in schwerwiegenden Fällen, wie
beispielsweise einer Seuchengefahr, aufgehoben werden.
Von
Gesetzesbeschluss untermauert
Philipp bezieht sich dabei auf einen
Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts. Der besagt, dass "allein die
Nichterfüllung des Abschussplanes nicht die Maßnahme der Schonzeitaufhebung
rechtfertigt" (Bay.VerwGe Ansbach vom 30.04.1988). Weiter heißt es, dass auch
Wildschäden an Naturverjüngungsflächen allein als Grund nicht ausreichen, um die
Schonzeit aufzuheben.
Die Hegegemeinschaft fordert dagegen, dass das
Problem an der Wurzel angepackt werden muss und dass das Gutachten, auf dem der
Abschussplan basiert und das sich ausschließlich auf den Rehwildbestand
konzentriert, abgeschafft wird. Denn bereits seit einigen Jahren finden die
Jäger die Abschusszahlen, die ihnen die Jagdbehörden vorgeben, zu hoch. Diese
Zahlen resultieren aus einem Gutachten, dass das Amt für Landwirtschaft und
Forsten erstellt, und das den Verbiss in den einzelnen Hegegemeinschaften
beleuchten will. Und dieses Gutachten bildet für die Jagdbehörden eine wichtige
Entscheidungsgrundlage, wenn sie die Abschusspläne erstellen. Die Rechnung auf
staatlicher Seite ist dabei simpel: Je weniger Rehwild, desto weniger Schaden
durch Verbiss an jungen Bäumen - und der Wald wächst.
Junger Wald: Eine
halbe Million Jungbäume
Der Wald wächst jedoch auch in Philipps Revier
bei Heiligenstadt - und das, obwohl er die Abschusszahlen bei weitem nicht
erfüllen kann und will. Er kennt viele Stellen im Revier, in denen sich der Wald
ganz natürlich verjüngt und kein Verbiss herrscht. "Auf einer solchen Fläche
habe ich allein auf einem Quadratmeter 50 Jungbuchen gezählt. Hochgerechnet sind
das rund eine halbe Million Jungbäume auf einem Hektar", sagt Philipp.
Und hier liegt laut Philipps Meinung auch die Krux des Ganzen: Das
Gutachten beleuchtet nur die vom Rehwild verbissenen Pflanzen - und das auf
einer begrenzten Fläche in Prozenten. Die gesunden Jungbäume, die vorhandene
Vegetation, lässt es außer Acht, obwohl diese großen Aufschluss über die
tatsächliche Situation des Walds geben. Auch werden äußere Umstände, wie
beispielsweise ein Borkenkäferbefall oder der lange und für das Wild mühsame
Winter im letzten Jahr, nicht berücksichtigt. So entstehe ein schiefes Bild, das
den wahren Zustand des Walds nicht wiedergebe, meint Philipp.
Kein
erhöhter Verbiss
Die meisten Jäger der Hegegemeinschaft sind in der Woche oft viele Stunden in ihren Revieren und kennen den Wald und den Wildbestand dort sehr gut. Keiner klagt über erhöhten Verbiss. Im Gegenteil: Die Jäger rund um das Leinleitertal wollen mit ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem Gutachten das Wild bewahren. Eine Verlängerung der Jagdzeiten kommt für sie nicht in Frage: "Der derzeitige Bestand an Rehwild in unseren Revieren verhindert auf keinen Fall eine natürliche Verjüngung des Waldes", sagt Philipp. Die Hegegemeinschaft will sich auch weiterhin für eine Abschaffung des Gutachtens stark machen.
Quelle: Pressemitteilung Hegegemeinschaft Leinleitertal Jura Süd