Vor uns die Sintflut? WWF weist auf Defizite in der Hochwasserschutzpolitik hin
Archivmeldung vom 24.08.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBayern, Österreich und die Schweiz kämpfen gegen das Hochwasser. Wieder einmal. Wie schon vor drei Jahren war eine so genannte 5B-Wetterlage der Auslöser für die sintflutartigen Niederschläge. Damals sorgten die heftigen Regenfälle in den Einzugsgebieten von Elbe und Donau für Jahrhunderthochwasser.
"Diese
extremen Wetterlagen zeigen deutlich, dass man Fluten dieser
Größenordnung mit technischen Mittel allein nicht in den Griff
bekommt", erläutert Georg Rast, Hochwasserexperte des WWF
Deutschland. Erschreckend sei die immer noch hohe Anfälligkeit von
Infrastruktur, selbst neuerer Brückenbauten. Hochwasserschutz bleibe
eine Endlosaufgabe, solange nicht an den Hochwasserursachen
gearbeitet werde. Hochwasserpolitik brauche einen langen Atem über
Legislaturperioden hinaus und eine den heutigen Erkenntnissen und
Möglichkeiten angepasste Finanzpolitik. Ein Blick auf die
Landes-haushalte lasse jedoch erkennen, dass die zur Verfügung
gestellten Finanzmittel immer nur den Hochwasserwellen, mit einem
Jahr Verzögerung, gleichen. Damit werde ein fast sträflich
vernachlässigtes Vollzugsdefizit aufgebaut.
Der WWF erkennt an, dass bei der Vorhersage der Flutwellen und
beim Katastrophenschutz Fortschritte erzielt wurden. Hierdurch könne
man immerhin die Schäden verringern. Grundsätzlich lasse sich die
Hochwassergefahr aber nur durch mehr Freiraum für die Flüsse, mehr
Überflutungsgebiete sowie durch eine restriktivere Entwicklung in
Hochwasserrisikogebieten bannen. Die Umsetzung scheitere oft an den
Einzelinteressen von Gemeinden, Grundeigentümern oder Landwirten.
"Solange in Hochwasser gefährdeten Gebieten munter weiteres
Schadensrisiko aufgebaut wird, muss man mit wachsenden Schäden
rechnen", so Georg Rast.
Der WWF fordert Bund, Bundesländer und
Gemeinden auf, stärker zusammenarbeiten. Neben der zeitnahen
kompletten Ausweisung der Überschwemmungs- und
Hochwassergefährdungsgebiete an Bächen und Flüssen müsse ein Maximum
an Flächen für den Hochwasserschutz und die Auen-Renaturierung
bereitgestellt werden. Der Rückverlegung von Deichen an geeigneten
Stellen sei Vorrang vor technischen Lösungen einzuräumen. Technisch
steuerbare Hochwasserretentionsräume sollten auf ökologisch
unempfindliche Flächen beschränkt werden.
Durch die jüngsten Unwetter rückt die internationale Klimapolitik
verstärkt in den Blickpunkt. Alle bestehenden
Hochwasserschutzkonzepte müssen angesichts der klimatischen
Veränderungen neu auf den Prüfstand. Es gelte, auf politischer Ebene
den Druck zu erhöhen, um den Ausstoß an Klimagasen schneller zu
verringern. Der WWF geht davon aus, dass nicht nur Hochwasser
zunehmen, sondern auch Stürme, Regenfälle und Dürren immer
verheerender werden. "Der Klimawandel ist schneller als die Politik",
beklagt Regine Günther, Leiterin des Referats Energiepolitik und
Klimaschutz beim WWF Deutschland. "Wir müssen endlich dazu kommen,
den Ausstoß an Treibhausgasen absolut zu begrenzen. Für Deutschland
heißt dies ein möglichst schneller Abschied von der
Kohleverstromung."
Quelle: Pressemitteilung WWF