Neue Vorhersage-Methode: Extreme Fluten in den Anden
Archivmeldung vom 15.10.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtFluten nach extremen Regenfällen in den Anden können durch eine neue Methode jetzt besser vorhergesagt werden. In den letzten Jahrzehnten sind diese Ereignisse durch den Klimawandel stärker und häufiger geworden. Die Untersuchung komplexer Netzwerke in Satelliten-Wetterdaten ermöglicht nun erstmals den Aufbau eines robusten Warnsystems, wie eine im Fachjournal Nature Communications veröffentlichte Studie jetzt zeigt. Das könnte zu einem verbesserten Katastrophenschutz beitragen. Da die Methode auf mathematischen Vergleichen aufbaut und für jegliche Zeitreihen eingesetzt werden kann, ließe sich dieser Ansatz auch auf andere Extremereignisse in komplexen Systemen anwenden.
„Die derzeit verwendeten Modelle zur Wettervorhersage können die Stärke der extremsten Regenfälle nicht erfassen - gleichzeitig sind gerade diese Ereignisse für die Bevölkerung die gefährlichsten, weil sie zu großen Fluten und sogar Erdrutschen führen können“, sagt Leitautor Niklas Boers vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Mithilfe der Analyse komplexer Netzwerke haben wir jetzt einen Weg gefunden, wie solche Ereignisse in den zentralen südamerikanischen Anden prognostiziert werden können“.
Wenn der Monsun von Dezember bis Februar Südamerika trifft, bringt er feuchte und warme Luftmassen vom tropischen Atlantik mit sich. Diese Winde bewegen sich westwärts, bis sie von den steilen und mehrere tausend Meter hohen Anden gestoppt und nach Süden gelenkt werden. Unter bestimmten Luftdruckbedingungen kann die warme und mit Feuchtigkeit geladene Luft dann auf kalte und trockene Winde aus dem Süden treffen. Dies löst reichlich Regenfälle an den hohen Bergen aus, was dann zu Fluten in den dicht bevölkerten Ausläufern der bolivianischen und argentinischen Anden führt. „Überraschenderweise breiten sich diese Regenfälle entgegen der Windrichtung aus, also von Süden nach Norden, anders als bislang angenommen“, sagt Boers.
‘Big Data‘ Analyse von Beobachtungszeitreihen der Satelliten
Das internationale Wissenschaftlerteam hat für ihre ‘Big Data‘ Analyse annähernd 50.000 hochauflösende Zeitreihen zu Wetterdaten aus den letzten 15 Jahren vorgenommen, die von der US-Weltraumagentur NASA und der Japanischen Weltraumbehörde gesammelt wurden. „Wir haben festgestellt, dass diese gewaltigen Ballungen von Niederschlägen in der Region um Buenos Aires entstehen, sich dann jedoch nordwestlich in Richtung Andern bewegen, wo sie nach zwei Tagen in extremen Regenfällen münden“, sagt Boers. Die neue Methode ermöglicht eine korrekte Prognose von 90 Prozent derjenigen extremen Regenfälle in den Zentral-Anden, die unter Bedingungen des El Niño-Wetterphänomens auftreten, wenn Fluten grundsätzlich häufiger vorkommen. Bei den Ereignissen, die unter anderen Bedingungen auftreten, sind es 60 Prozent.
„Es war zwar schwierig, zu diesen Ergebnissen zu kommen, aber die örtlichen Behörden können sie jetzt recht einfach anwenden – die Wetterdaten sind gut verfügbar“, sagt Ko-Autor José A. Marengo vom National Institute for Space Research in Sao Paulo, Brasilien. „Diese starken Regenfälle können Fluten verursachen, die allein 2007 geschätzte Kosten von mehr als 400 Millionen US-Dollar in der Region verursacht haben. Jetzt liegt es an den betroffenen Ländern, inwiefern sie ihren Katastrophenschutz anpassen“.
Die Methode kann für das Klima genauso angewandt werden wie für Finanzmärkte
„Ein Vergleich von Wetterdaten klingt erst einmal simpel, tatsächlich konnten wir jedoch nur durch das von uns entwickelte mathematische Instrument die komplexen Verbindungen aufdecken, die zu diesen Extremen führen“, sagt Ko-Autor Jürgen Kurths, der am PIK Leiter des Forschungsbereichs Transdisziplinäre Konzepte und Methoden ist. „Die Daten waren zwar vorhanden, aber bislang hat niemand die Zusammenhänge erkannt. Durch die neue Methode gibt es jetzt ein allgemein anwendbares Gerüst, das auch für die Vorhersage von extremen Veränderungen in Zeitreihen anderer komplexes Systeme nutzbar ist“, sagt Kurths. „Dazu könnten Finanzmärkte, Gehirnaktivität oder sogar Erdbeben gehören“.
Quelle: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (idw)