AKW Brunsbüttel vorzeitig abschalten
Archivmeldung vom 06.09.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDie Deutsche Umwelthilfe hat die Absicht des Vattenfall-Konzerns scharf kritisiert, den Siedewasserreaktor Brunsbüttel mit kosmetischen Änderungen am Notstromsystem weiter betreiben zu wollen. Mit Änderungen im Detail seien die grundlegenden Sicherheitsmängel, die die Reaktorsicherheitskommission (RSK) der Bundesregierung dem Siedewasserreaktor an der Elbe schon im März 2003 bescheinigt hatte, nicht zu heilen, erklärte die Organisation.
Es sei
"in höchstem Maße befremdlich, dass der Betreiber Vattenfall mehrere
Wochen benötigt, um zu verlässlichen Aussagen über die technische
Ausgestaltung des Notstromsystems in seiner eigenen Anlage zu
kommen", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Dies werfe
grundlegende Fragen zum Sicherheitsmanagement im AKW Brunsbüttel auf.
Baake forderte den Konzern auf, das "Kraftwerk entsprechend den
Regelungen des Atomausstiegsgesetzes vorzeitig stillzulegen, statt
sich weiter in Spekulationen über eine Laufzeitverlängerung zu
ergehen".
Der Brunsbüttel-Betreiber Vattenfall Europe hatte zunächst
erklärt, der Forsmark-Unfall sei auf Brunsbüttel nicht übertragbar,
weil die Notstromversorgung in dem Reaktor nicht auf Wechselstrom
angewiesen sei und diese Behauptung zwei Wochen später anlässlich
einer Sitzung des Ausschusses "Elektrische Einrichtungen" der RSK
teilweise zurückgenommen wurde. Der Reaktor sei jedoch trotzdem
sicher. Eine weitere Woche später musste Vattenfall offenbar
einräumen, die von den Atomaufsichtsbehörden in Schleswig-Holstein
und im Bundesumweltministerium verlangten Nachweise ohne Änderungen
am technischen Konzept der Notstromversorgung nicht vollständig
erbringen zu können. Ein entsprechender an die Kieler Atomaufsicht
gerichteter Änderungsantrag wurde gestern erst nach Recherchen der
tageszeitung, taz, bekannt und in einer Sondersitzung des
Umweltausschusses des Bundestages diskutiert.
Auch nach der nun geplanten technischen Änderung sind die
grundlegenden Zweifel an der Sicherheit des Systems, die die Experten
seit Jahren umtreiben, keinesfalls ausgeräumt ", sagte Baake.
Hunderte offener Punkte, die sich nach einem Eingeständnis der Kieler
Sozialministerin Gitta Trauernicht im Zusammenhang mit einer schon
Jahre zurückliegenden Sicherheitsüberprüfung ergeben hätten, seien
bis heute nicht geklärt.
"Wir sehen uns durch die neue Entwicklung in unserer schon vor drei Wochen veröffentlichten, detaillierten Kritik am Sicherheitszustand des Brunsbüttel-Meilers bestätigt. Vattenfall beschwört eine Sicherheit, die sich nach Überzeugung der Fachleute nicht einmal mit einer Vollsanierung des Reaktors herstellen ließe", sagte der Leiter Politik der DUH, Gerd Rosenkranz und erinnerte in diesem Zusammenhang an eine RSK-Sondersitzung, in deren Verlauf die Experten im März 2003 festgestellt hatten, dass selbst mit dem Austausch des defizitären Sicherheitsleitsystems gegen ein hochmodernes System "kein Sicherheitsgewinn verbunden ist, da dies die Defizite im Anlagenkonzept hinsichtlich des Aufbaus der Notstromversorgung nicht ausgleicht."
Die DUH kritisierte auch die Koalitionsparteien, die am Dienstag
gemeinsam mit der FDP eine öffentliche Beratung des Umweltausschusses
des Bundestages zum Thema Brunsbüttel verhindert hatten. "Da fürchten
manche, dass die neue Sicherheitsdiskussion die mit aller Macht
vorangetriebene Debatte über einen möglichen Wiedereinstieg in die
Atomenergie in Deutschland stören könnte", erklärte Baake. Im
Ergebnis werde durch diese "kindische Geheimniskrämerei" jedoch nur
das Misstrauen der Menschen gegen diese Technologie und ihre
Verfechter weiter wachsen.
Quelle: Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe e.V.