Agrarministerkonferenz: Sarah Wiener fordert Beschluss zu rechtlichen Mindesthaltungsstandards für Puten
Archivmeldung vom 11.06.2021
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.06.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićGestern und heute findet die Agrarministerkonferenz der deutschen Länder statt. Auf der Tagesordnung steht auch eine Beschlussvorlage, die von der Bunderegierung fordert, rechtsverbindliche Standards für die Putenhaltung nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung vorzulegen und sich auf EU-Ebene für ebensolche Standards einzusetzen.
Was angesichts des massiven Tierleids in der Putenhaltung wie eine Selbstverständlichkeit anmutet, stieß gestern aber auf den Widerstand der Agrarminister mancher Länder, die drohen, den Beschluss zu verhindern.
Die Pute ist, nach Huhn und Schwein, das am dritthäufigsten geschlachtete Tier in der EU. In Deutschland werden jährlich rund 35 Millionen Puten für den menschlichen Verzehr getötet. Trotz dieser hohen Zahl gibt es keine rechtlichen Mindeststandards für die Putenhaltung – weder in der EU noch in Deutschland, ist die EU-Abgeordnete und TV-Köchin Sarah Wiener empört. Auch in Deutschland gibt es bisher lediglich Branchenvereinbarungen.
Bereits seit Monaten kämpft Sarah Wiener für EU-weit verbindliche Mindeststandards in der Putenhaltung. „Deutschland ist in der EU einer der fünf großen Player in der Putenhaltung und entscheidet nicht nur über das Wohlergehen von Millionen Puten in Deutschland, sondern wird auch eine künftige EU-weite Regelung maßgeblich beeinflussen. Gerade deshalb braucht es jetzt tierschutzkonforme Standards, die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen folgen“, sagt die EU-Abgeordnete und führt fort: „Am armen Truthuhn sieht man, wie sehr unser Agrarsystem aus dem Ruder gelaufen ist: auf extremes Wachstum, insbesondere der Brust, gezüchtete Tiere, Haltung in hoher Dichte ohne Tageslicht und Beschäftigungsmöglichkeiten, qualvolles Schnabelkürzen und hoher Antibiotika-Einsatz. Das muss sich schleunigst ändern. Deutschland hat hier eine besondere Verantwortung.“
Die von Brandenburg und Hessen eingebrachte Beschlussvorlage sieht vor, dass die Bundesregierung
- die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung um einen Abschnitt zur Mastputenhaltung ergänzen soll,
- sich aktiv für die Verankerung von Mindestanforderungen an die Putenhaltung im EU-Recht einsetzen soll und
- bei beidem dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung zu folgen.
Anfang 2021 wurde in diesem Zusammenhang von der österreichischen Regierung eine Studie veröffentlicht, die sich mit tierschutzkonformer Haltung von Mastputen beschäftigt. Darin wird aufgezeigt, dass die wichtigsten Stellschrauben eine niedrige Besatzdichte, eine abwechslungsreiche Stallstruktur (erhöhte Ebenen, Beschäftigungsmöglichkeiten), ein Außenklimabereich und mehrmals tägliche Kontrollen der gehaltenen Tiere sind.
„Eine Verbesserung der Putenhaltung ist auch unerlässlich, um die Ziele der Farm-to-Fork-Strategie der EU – insbesondere verbesserten Tierschutz und eine Reduktion des Antibiotikaeinsatzes um die Hälfte – zu erreichen“, ruft Sarah Wiener den Agrarministern und Agrarministerinnen in Erinnerung.
Österreich zeige, so Wiener, dass höhere Standards eine Win-Win-Situation darstellen: „Am Beispiel Österreich sieht man, dass alle – Tiere, Bauern und Konsumenten – von besseren Haltungs-Bedingungen profitieren: Die Puten haben mehr Platz, der Antibiotikaeinsatz sinkt massiv, die Konsumenten bekommen gesünderes Fleisch und die Bauern mehr Ertrag, denn die Nachfrage nach regional gemästeten Puten, die unter besseren Bedingungen aufwachsen, steigt in Österreich stetig.“
Quelle: Grüner Klub im Parlament (ots)