Spinnen: Warum die Achtbeiner im Herbst gern in unsere Häuser krabbeln - und wie man sie unversehrt wieder hinausbefördert
Archivmeldung vom 10.09.2019
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.09.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttSpinnen lösen bei vielen Menschen Angst und Schrecken aus. Aber deshalb gleich die Chemiekeule oder den Staubsauger rausholen? Bitte nicht! Spinnen haben viele positive Eigenschaften und sind grandiose Schädlingsvertilger. Robert Klesser (35), Forschungspreisträger der Deutschen Wildtier Stiftung und Spinnenkundler, findet die achtbeinigen Tierchen gar nicht gruselig, sondern extrem faszinierend!
"Die meisten Spinnen sind sehr scheu. Sie wollen mit Menschen nichts zu tun haben und flüchten sofort, wenn wir ihnen zu nahe kommen", sagt er. Von den über 1000 heimischen Spinnenarten wird keine einzige einem gesunden Menschen gefährlich. Aber: "Intensive Agrarwirtschaft, Urbanisierung, Trockenheit und weniger Nahrung durch den Insektenschwund bedrohen auch die Spinnenwelt", sagt Klesser.
Jetzt wird es herbstlich: "Für Spinnen sind Häuser auf den ersten Blick ideale Winterquartiere. Sie können nicht zwischen einem Baumstamm und einem Dachstuhl oder einer Felswand und einer Hauswand unterscheiden. Wichtig ist für sie erst einmal nur, dass es frostfrei bleibt", sagt Klesser. Mit diesen drei Arten müssen Sie jetzt rechnen - und mit diesen drei Tricks befördern Sie die unbeliebten Mitbewohner wieder lebendig und unversehrt ins Freie.
Die Große Hauswinkelspinne. Dunkelbraun und mit einer Größe von bis zu zehn Zentimetern ist die Große Hauswinkelspinne (Eratigena atrica) - und ihre Verwandten - nicht zu übersehen! Sie bezieht gern Ecken und Nischen in Kellern und Bädern, denn sie liebt es feucht und kühl. Dort baut sie trichterförmige Netze und erbeutet Kellerasseln, Tausendfüßler, kleinere Spinnen, Fliegen, Mücken oder Wespen. Mit einem Gartenbesen, in dessen Borsten sich die Spinne flüchten kann, oder einem Spinnenfänger, werden Sie den Eindringling wieder los. Damit können Sie das Tier behutsam nach draußen transportieren.
Die Große Zitterspinne kommt mit ihren dünnen Beinen und dem durchscheinenden Körper filigran daher. Doch die Netze der Zitterspinne (Pholcus phalangioides) sind großflächig angelegt. Ihren Namen hat sie sich aufgrund ihres Überlebenstricks erworben: Naht ein Feind, schwingt sie ihr Netz hin- und her und wird so für die Augen des Angreifers schwer zu erfassen. Bei Menschen wirkt der Spinnen-Wackeltrick natürlich nicht. Nehmen Sie ein großes Glas, stülpen sie es über die Spinne und verschließen Sie das Glas mit einem Pappdeckel. Dann können Sie das Tier draußen vor die Tür setzen. Diese Spinne ist eigentlich eine Höhlenart aus den Subtropen und fühlt sich deshalb in unseren Häusern pudelwohl. Zudem ist sie spezialisiert darauf, auch andere, oft viel größere Spinnen zu erbeuten. Sind Zitterspinnen im Haus, werden Winkelspinnen zur Mahlzeit!
Radnetzspinnen wie die Spaltenkreuzspinne (Nuctenea umbratica) oder die Sektorspinne (Zygiella x-notata) bauen mit Freude ihre Netze an Lampen auf der Terrasse, am Hauseingang oder im Wintergarten und verirren sich dabei auch ins Haus. Gleicht doch die nächtliche Haus-Beleuchtung einer Waldlichtung im Mondschein, auf der sich tausende von Insekten nach Einbruch der Dunkelheit tummeln! Hier hilft: Licht ausschalten hält die Spinnen fern und schont den Geldbeutel.
Von Omas alten Hausmitteln - Zitronen- oder Pfefferminzöl - hält Robert Klesser übrigens wenig: "Das funktioniert meist nicht", sagt er. "Studien sagen, dass z.B. Kreuzspinnen furchtbar anspruchslos sind, was Geruch und Geschmack angeht. In unseren Versuchsreihen haben Kreuzspinnen sogar Beute genommen, die mit Essig und Bittersalz versetzt war."
Zur Person: Robert Klesser ist Forschungspreisträger der Deutschen Wildtier Stiftung. Der junge Forscher untersucht das Verhalten von kälteliebenden Spinnen in Blockhalden und wurde vor zwei Jahren von der Deutschen Wildtier Stiftung ausgezeichnet. In diesem Jahr wird der Preis im Dezember 2019 verliehen. Der mit bis zu 50 000 Euro dotierte Preis fördert Wissenschaftler, die ein innovatives und fachlich hervorragendes Forschungsprojekt mit unmittelbarem Bezug zu einheimischen Wildtieren vorlegen.
Quelle: Deutsche Wildtier Stiftung (ots)