Bundesminister Horst Seehofer will Stallpflicht für Geflügel fortsetzen
Archivmeldung vom 27.04.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlNachdem Landwirtschaftsminister Horst Seehofer eine unbefristete Verlängerung der Stallpflicht für Freilandgeflügel plant, erwartet die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN eine weitere Verschärfung der kritischen Situation für Geflügelhalter mit artgemäßer Tierhaltung.
"Die vorgeschlagene Regelung für Ausnahmen
von der Stallpflicht ist praxisfern und unzureichend", erklärt Dr.
Marlene Wartenberg, Geschäftsführerin von VIER PFOTEN. "Im Endeffekt
bedeutet der Vorschlag das Aus für viele deutsche Freilandhalter".
Eine unbefristete Verlängerung der generellen Stallpflicht ist mit
immensem Tierleid für das Geflügel verbunden. Darüber hinaus wird
besonders kleinen und mittleren Freilandbetrieben die wirtschaftliche
Grundlage entzogen, da sie ihre Produkte ab dem 11. Mai nicht mehr
als Freilanderzeugnisse anbieten können. "Diesen Haltern helfen auch
die Regelungen für Ausnahmen von der Stallpflicht nicht", sagt
Marlene Wartenberg. "Angesichts von hunderttausenden
Kleingeflügelhaltern in Deutschland wird es zu einer riesigen
Antragsflut kommen, die von den zuständigen Behörden vor Ort kaum zu
bewältigen ist." Dabei ist noch nicht einmal geklärt, wie eine
Risikobewertung konkret aussehen soll. Aus Angst vor einem
Seuchenausbruch könnten die Behörden theoretisch jeden Dorfteich zum
Risikogebiet erklären. Schließlich sind die Auflagen für
Ausnahmegenehmigungen enorm und mit beträchtlichen Kosten verbunden,
die allein von den Haltern getragen werden müssen.
Auch Dr. Wolfgang Fiedler, Leiter der Vogelwarte Radolfzell des
Max-Planck-Institutes für Ornithologie, kritisiert den Vorschlag des
Ministeriums: "Mit der generellen Stallpflicht macht es sich die
Bundesregierung zu leicht. Das Prinzip der Verordnung muss umgedreht
und anstatt der generellen Stallpflicht ein risikoorientierter Ansatz
wie in der Schweiz verfolgt werden. In ausgewiesenen Risikozonen, zum
Beispiel Feuchtgebiete mit Wasservogel-konzentrationen, ist eine
Einzelabwägung der Stallpflicht geboten. In Gebieten mit geringem
Seuchenrisiko sollte die Freilandhaltung grundsätzlich zulässig
sein".
VIER PFOTEN fordert als weitere Maßnahme endlich eine umfassende Impfstrategie für deutsche Freiland-Bestände. "Die Niederlande, Frankreich und Italien praktizieren bereits erfolgreich entsprechende Impfprogramme und zeigen damit, dass trotz Vogelgrippe weiterhin die vom Verbraucher gewünschte Freilandhaltung möglich ist", sagt Wartenberg. "Die strikte Ablehnung vorbeugender Impfungen durch die Bundesregierung wird zu einem erneuten Anstieg der jetzt schon erheblichen Importanteile bei Freilandeiern aus diesen Ländern führen." VIER PFOTEN fordert Minister Seehofer auf, bei der Europäischen Union ein Impfprogramm zu beantragen und damit tausenden Betrieben mit artgemäßer Geflügelhaltung wieder eine Perspektive zu geben. "Damit wäre nicht nur der deutschen Geflügelwirtschaft, sondern vor allem den Tieren gedient", so Wartenberg abschließend.
Quelle: Pressemitteilung VIER PFOTEN