Durchbruch für die Geothermie in Bayern
Archivmeldung vom 20.01.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAm 18.01.2007 wurde die zweite Tiefbohrung des Geothermieprojektes in Unterhaching bei München mit der Feststellung der Fündigkeit erfolgreich abgeschlossen. Das vorläufige Ergebnis übertrifft alle bisherigen Erwartungen: Temperatur und Schüttmenge des in 3.577 Tiefe gefundenen Wassers lassen nochmals bessere Schüttungsraten erwarten, wie bei der ersten Tiefbohrung.
Damit ist die endgültige Fündigkeit und der wirtschaftliche wie geologische
Erfolg des Projektes gesichert. Die Temperatur ist im Vergleich zur ersten
Tiefbohrung nochmals deutlich höher und liegt derzeit bei gemessenen 127°C. Die
Länge des Bohrloches beträgt insgesamt 3.864 Meter. Die genaue Auswertung der
Daten wird im Laufe der kommenden Woche abgeschlossen sein.
„Dies ist der Durchbruch für die Geothermie als alternative Energiequelle in Bayern“ erklärt Christian Schönwiesner-Bozkurt von Rödl & Partner, Leiter des Geothermieprojektes in Unterhaching. „Über 80 Städte, Gemeinden und Privatinvestoren, die vergleichbare Projekte planen, haben auf diesen Moment gewartet. Mit dem Erfolg der zweiten Bohrung ist der Beweis angetreten, dass das Molassebecken ein zuverlässiger Lieferant für die Energie- und Wärmeversorgung der Zukunft ist.“ Rödl & Partner rechne allein in Bayern mit einem Investitionsvolumen von ca. 3,2 Milliarden Euro für die Geothermie in den kommenden Jahren.
Das Geothermieprojekt in Unterhaching ist eines der wichtigsten Pilotprojekte zur Nutzung von Geothermie als alternative Energiequelle in Europa. Entsprechend der detaillierten Businessplanung von Rödl & Partner zur wirtschaftlichen Umsetzung eines Geothermieprojektes mit Strom- und Wärmeerzeugung am Standort Unterhaching war die Zielsetzung, eine Mindesttemperatur von 100°C und eine Wasserförderung von 100 l/s zu erreichen. Die optimistischsten Prognosen versprachen eine Temperatur von 120°C und eine Schüttung von bis zu 150 l/s. Diese Prognosen wurden in weiten Teilen der Fachwelt als „wissenschaftlich möglich, realistisch aber nicht erreichbar“ bewertet.
Die erste Bohrung in Unterhaching hatte in 3.350 Metern Tiefe thermales Wasser mit einer Temperatur von 123° Grad Celsius und einer Schüttung von 150 Litern pro Sekunde Wassermenge ergeben. Nach den vorläufigen Ergebnissen der zweiten Bohrung kann die komplette Wassermenge aus der ersten Bohrung ohne weiteren Pumpstromaufwand in die Erde zurückgeführt werden, da die Schüttungsrate deutlich höher ist, als bisher erwartet. Dies wird Wirtschaftlichkeit des Projektes weiter erhöhen, weil zusätzlicher Stromaufwand für die Rückführung des Wassers nicht erforderlich sein wird.
„Aus der Kenntnis des Marktes heraus sind wir uns sicher, dass eine Vielzahl weiterer Projekte nun nicht nur umgesetzt werden, sondern dass deren Konzeptionen neu überdacht werden“, urteilt Schönwiesner-Bozkurt. Es zahle sich aus, auch im Bereich der erneuerbaren Energien auf Wirtschaftlichkeit und Qualität zu setzen.
Die Energie- und Wärmegewinnung aus Geothermie könnte zu einem Exportschlager für Technik und Know-how aus Deutschland werden. Das Geothermieprojekt in Unterhaching, derzeit das größte Projekt zur Nutzung geothermischer Energie in Deutschland, entwickelt sich dabei zum Musterbeispiel für die wirtschaftliche Nutzung erneuerbarer Energien in Deutschland.
„Vor dem Hintergrund steigender Energiekosten stellt sich die Frage nach einer sicheren Alternative zu fossilen Brennstoffen. Strom und Wärme aus Geothermie sind günstig, krisensicher und erhöhen die Unabhängigkeit vom Weltmarkt“, erklärt Schönwiesner-Bozkurt. Für das Geothermieprojekt in Unterhaching wurde von Rödl & Partner ein eigenes Fernwärmepreissystem entwickelt, der künftig deutlich günstigere Wärmepreise ermöglicht, als nach der bisherigen Preisbindung an fossile Brennstoffe.
Die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Rödl & Partner hat die Projektleitung für das gesamte Geothermieprojekt in Unterhaching inne. „Nach unseren Informationen gibt es derzeit deutschlandweit ein Investitionsvolumen für tiefengeothermische Energieerzeugung von ca. 5,5 - 6,5 Milliarden Euro“, so Schönwiesner-Bozkurt. Alleine in Bayern könnten zukünftig 8-10 Prozent des bisherigen Fernwärmebedarfs durch tiefengeothermische Energie gedeckt werden.
Derzeit baut die SIEMENS AG in Unterhaching die erste und größte KALINA-Anlage zur Stromerzeugung aus geothermischer Energie in Deutschland. Das Siemens Kraftwerk wird voraussichtlich im Herbst 2007 ans Netz gehen. In Unterhaching wird damit das weltweit modernste Erdwärmekraftwerk entstehen, das im so genannten Niedertemperaturbereich (bis 200°C) arbeitet und wesentlich effizienter und somit wirtschaftlicher als bisher das vorhandene Heiß- oder Thermalwasser vor Ort in Energie umwandelt.
Im Unterschied zu herkömmlichen Geothermie-Anlagen wird dabei das aus ca. 3.500 Metern Tiefe stammende, 123°C heiße Wasser, nicht nur für das örtliche Fernwärmenetz genutzt, sondern dient je nach Bedarf auch der Stromerzeugung. So können z. B. im Sommer, wenn nur wenig Fernwärme gebraucht wird, bis zu 3,36 Megawatt elektrische Energie erzeugt und ins Stromnetz eingespeist werden. Diese Strommenge entspricht dem Verbrauch von rund 10.000 bundesdeutschen Durchschnittshaushalten.
Das deutschlandweit
größte Geothermieprojekt in Unterhaching wird mit einem nicht rückzahlbaren
Zuschuss und einem Sonderdarlehen vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit in Höhe von insgesamt 7,2 Millionen Euro
unterstützt.
Weitere Informationen, Fotos und Schaubilder unter www.geothermieprojekte.de.
Meilensteine des
Geothermieprojektes in Unterhaching
Mai 2003: Mit einem
nichtrückzahlbaren Zuschuss in Höhe von € 1.232.332 sowie einem Sonderdarlehen
in Höhe von € 22.449.370 unterstützt das Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit das wegweisende geothermische Strom- und
Wärmeerzeugungsprojekt in Unterhaching. Die Gesamtförderung beläuft sich
zwischenzeitlich auf 7,2 Millionen Euro.
November 2003: Abschluss der
europaweit ersten privatwirtschaftlichen „Fündigkeitsversicherung“ zur
Absicherung des Risikos der geothermischen Tiefbohrung.
Februar 2004:
Offizieller Startschuss für die geothermale Tiefbohrung in
Unterhaching.
September 2004: Historischer Durchbruch: In ca. 3.350 Metern
Tiefe wird thermales Wasser mit einer Temperatur von 123° Grad und Schüttung von
150 Litern pro Sekunde gefunden.
November 2005: Vertragsunterzeichnung
zwischen mit der Siemens AG zur Errichtung der größten KALINA-Anlage zur
Stromerzeugung aus geothermischer Energie in Deutschland.
Frühjahr 2006:
Baubeginn der KALINA-Anlage in Unterhaching.
Januar 2007: Die zweite
Tiefbohrung übertrifft alle Erwartungen hinsichtlich Wassertemperatur und
Schüttung. Durchbruch für die Geothermie im Molassebecken.
Quelle: Pressemitteilung Rödl & Partner