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Lichtverschmutzung gefährdet die Nacht als ökologische Nische

Archivmeldung vom 27.11.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.11.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Berlin Mitte bei Nacht (Potsdamer Platz, Brandenburger Tor, Tiergarten) Foto: C. Kyba
Berlin Mitte bei Nacht (Potsdamer Platz, Brandenburger Tor, Tiergarten) Foto: C. Kyba

Viele Tiere sind nachtaktiv, weil sie im Schutz der Dunkelheit vor ihren Feinden sicherer sind als am Tag. Die Nacht hat vermutlich bei der Artentwicklung in fast allen Wirbeltierklassen eine große Bedeutung als ökologische Nische. Durch künstliche Beleuchtung ist diese Nische jedoch zunehmend bedroht. Dies zeigten Wissenschaftler des Berliner Leibniz-Institutes für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) nun in einer in „Trends in Ecology and Evolution“ (TREE) veröffentlichten Studie.

Zu Zeiten der Dinosaurier war das Leben tagsüber sehr gefährlich. Dies führte dazu, dass fast alle damaligen Säugetiere auf die Nacht ausweichen mussten. Erst nach dem Aussterben der gigantischen Räuber wurde die „Tagesnische“ sicherer und es entwickelten sich mehr und mehr tagaktive Säugetiere. Doch erstaunlich viele Arten sind auch heute nachtaktiv: Rund 30 Prozent aller Wirbeltiere und mehr als 60 Prozent aller Wirbellosen nutzen die Nacht für ihre Aktivitäten.

Ein Jahrmillionen- altes Überbleibsel?

Wissenschaftler des Berliner Leibniz-Institutes für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) zeigen nun in einer in „Trends in Ecology and Evolution“ (TREE) veröffentlichten Studie, dass vermutlich in fast allen Wirbeltierklassen die Nacht bei der Artentwicklung eine große Bedeutung als ökologische Nische gehabt haben dürfte. Aber genau diese Nische könnte zukünftig durch die Zunahme der künstlichen Beleuchtung bedroht sein. Der nächtliche Himmel Deutschlands wird durch einen mehr als fünfprozentigen Zuwachs an künstlicher Beleuchtung jedes Jahr stetig heller. Dadurch haben sich die Lichtimmissionen der urbanen, periurbanen und ruralen Nachtlandschaften sowohl quantitativ als auch qualitativ grundlegend verändert. Das Zuviel an künstlichem Licht mit negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt wird mittlerweile unter dem Begriff „Lichtverschmutzung“ zusammengefasst. Je nach Lichtstärke, Farbspektrum sowie Zeitpunkt und Dauer der Beleuchtung kann dann jede einzelne künstliche Lichtquelle mitunter negative Folgen auf lichtsensible – zumeist nachtaktive – Organismen haben. Es muss davon ausgegangen werden, dass es schon zu einer Verschiebung und Abnahme der natürlichen biologischen Vielfalt gekommen ist. Aber auch evolutionäre Folgen der rapiden Veränderung der Nachtlandschaft auf Organismen sind zu erwarten. Zwar wird es in urbanen Zentren zukünftig viele lichtsensible Arten nicht mehr geben, aber einige Arten werden sich möglicherweise evolutionär an die neue Lichtsituation anpassen – oder haben es bereits getan. Auch Ökosystemdienstleistungen können durch Lichtverschmutzung beeinflusst werden. Neben kulturellen Werten zählen dazu unter anderem die Bestäubung von Kultur- und Naturpflanzen durch Nachtfalter sowie die Veränderung von Nahrungsnetzen und damit der Produktivität des Systems.

Im Rahmen des transdisziplinären BMBF-Projekts „Verlust der Nacht“ gehen Forscher des IGB unter Leitung von PD Dr. Franz Hölker den Auswirkungen von künstlichem Licht in der Nacht auf die natürliche biologische Vielfalt nach.

Quelle: Forschungsverbund Berlin e.V.

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